Am Freitag gab es hier Zeugnisse. Für Herrn Klein das erste Mal mit Noten, weil bisher die unteren Volksschulstufen keine Noten bekamen. Er war recht aufgeregt und sagte, dass er sich wenigstens eine Eins wünsche. ich zweifelte nicht daran, weil ich ja seine Leistungen kenne. Aber dennoch war ich mit ihm aufgeregt.
Als ich ihn dann mittags abholte, hielt er mir stolz sein Zeugnis hin und sagte breit grinsend: „Nur Einser!“ und ich rief „Wow!“ und umarmte ihn. Dann fragte ich ihn, ob er sich freue, er nickte heftig und ich sagte, dass ich mich mit ihm freue. Das tag ich auch und diese gemeinsame Freude war ein wunderbarer schöner Moment.
Auf Facebook hatte ich in der Früh gepostet, dass es Zeugnisse geben würde und dass Herr Klein sich einen Einser wünschte. Daraufhin bekam ich Kommentare, dass es doch seltsam sei, wenn ein Kind sich gute Noten wünschte. Das erstaunte mich.
Den Sinn von Noten kann man hinterfragen, da bin ich sofort dabei. Auch mir wäre es lieber, es gäbe etwas breiter gefächerte Beurteilungen von kindlichen Leistungen und Fähigkeiten, vor allem hinsichtlich dessen, was ein Kind außer Mathe und Deutsch noch kann. Aber nun haben wir einmal diese Noten und müssen gemeinsam damit umgehen in der Familie. Mich hat es überhaupt nicht gewundert, dass er sich gute Noten wünscht, denn ich denke, wenn ein Kind einmal mit Noten in Berührung kommt, beginnt es automatisch sich damit auseinanderzusetzen. Im Übrigen gab es vorher Stempel und Sticker, teilweise verbale Beurteilungen wie „Toll!“ oder „Bemüht!“ Und wenn er dann nach einer Übung sagte: „Ich hoffe ich habe null Fehler, dann bekomme ich einen Sticker.“ sagte, dann fand ich das wenig anders als eine Note.
Anerkennung brauchen wir alle
Letztendlich ist es aber normal, dass man um Anerkennung strebt. Das tun wir alle, das ist in uns drin und wir brauchen das auch als Feedback von anderen, um uns selbst in uns zurechtzufinden. Die Frage ist nur, wie ich dieses Feedback gebe. Denn wir Eltern kippen da schnell ins Loben. Das reicht aber nicht immer aus, vor allem nicht, wenn es sich allmählich automatisiert. Was unsere Kinder brauchen – und ehrlich gesagt auch wir immer wieder – ist wertschätzendes Feedback und die wirkliche Auseinandersetzung mit dem, was unsere Kinder – oder eben uns – ausmacht.
Es macht die Menschen in meinem Umfeld immer etwas irre, wenn ich einfach kein Kompliment annehmen kann oder von mir glaube, dass ich irgendwas „eigentlich vielleicht gar nicht so schlecht“ gemacht habe. Tatsächlich habe ich einfach wenig Selbstvertrauen dahingehend, dass ich wirklich einige besondere Fähigkeiten habe und diese auch gut einsetzen kann. Stattdessen glaube ich gern von mir nicht genug zu sein. Daran arbeite ich nun, aber meinen Kindern würde ich das gern schon früher vermitteln.
Unsere Kinder wirklich sehen
Dabei geht es mir nicht darum ihnen Honig ums Maul zu schmieren und täglich zu erzählen, sie wären einzigartig und das Universum würde sich um sie drehen. Es geht mir darum sie in dem zu sehen, was sie ausmacht. Und das ist eine wahre Fähigkeit. Denn das bedeutet, dass ich mich mit meinem Kind auseinandersetze. Dass ich mir bewusst Zeit nehme, es zu sehen und wahrzunehmen. Was sind seine Interessen? Was macht es besonders gern oder besonders gut?
Ich kann ein Bild mit „Oh toll!“ bewerten. und die nächsten drei auch. Ich kann aber auch irgendwann feststellen: „Du malst wirklich gern und viel, gell? Das macht Dir richtig Spaß.“ Dann fühlt es sich gesehen und wahrgenommen. Ich kann sagen: „Ich finde es total schön, wie Du Bäume malst. Die sehen sehr speziell aus.“ Wenn es denn – wie im Fall von Frau Klein – so ist und ich das so wahrnehme. Es geht nicht um Phrasen, die runtergebetet werden sollen. Es geht um das, was wir wirklich sehen.
Und jetzt schaut doch einmal. Was ist das bei Euren Kindern? Was seht Ihr? Hier mitten im Alltag und den vielen Dingen, die sie vielleicht nicht tun oder wo sie sich schwer tun. Den Dingen, die wir oft viel mehr auf dem Radar haben.
Anerkennung – die besondere Form der Aufmerksamkeit
Das ist im Übrigen auch das, was unsere Kinder sich wirklich wünschen, wenn sie vermeintlich unsere „Aufmerksamkeit“ einfordern, wenn sie manchmal scheinbar „nicht genug“ bekommen von dem, was wir versuchen zu geben.
Und diese Anerkennung kann natürlich keine Note geben. Aber wenn ein Kind sich gute Noten wünscht, kann man das einfach mal so stehen lassen und wenn es mit guten Noten heimkommt, kann man sich dennoch mit ihm freuen. Und wenn die Noten nicht so erfreulich sind, dann ist es umso wichtiger, dass wir uns auf das fokussieren, was unser Kind eben besonders ausmacht.
Eine wunderschöne Alternative, die man seinem Kind so oder so schenken kann, ist das Herzenszeugnis, das ich bei Mia Anima entdeckt habe.
Und jetzt: schöne Ferien an alle, die welche haben! Denkt daran, die Zeit auch zu genießen und nicht mit „da müssen wir noch mehr üben“ zu verbringen.