Im Herbst letzten Jahres hörte ich von einer Tragödie einer Familie hier in Österreich. Eine Frau verlor bei einem Bergwanderunfall Mann und einen Sohn, der andere Sohn kämpfte nach dem Absturz im Spital ums Überleben. Gestern las ich etwas erleichtert, dass er es geschafft hatte, sie also „nur“ einen Sohn und ihren Mann verloren. Dazu hat sie erstmalig öffentlich noch ein wenig mehr von ihrem Schicksal berichtet.
Im Artikel stand auch der Name des Familienvaters. Und ich stockte. Denn der Name kam mir bekannt vor und nach kurzer Suche im Internet bestätigte sich mein Verdacht: Es war der Arzt, der Herrn Klein das erste Mal am Herzen untersucht und uns die damals sehr erschütternde Diagnose eines Herzfehlers gestellt hatte. Doch er blieb als sehr warmherzig, offen und freundlich in meiner Erinnerung und brachte etwas Ruhe und Sanftmut in diesen Tag, diese Momente und Geschehnisse. Ihm ist es wohl auch zu verdanken, dass wir anschließend an eine sehr gute und ebenso offene und ehrliche Kardiologin geraten sind. Sein Name steht nicht nur unter dem ersten all der vielen Befunde, die in Herrn Kleins Ordner seine Geschichte festhalten. Er steht für mich auch für einen einfühlsamen Menschen. Für einen Arzt, der nicht nur in Weiß Weisheit und Wissenschaft vermittelt, sondern sich mit den Patienten und Angehörigen auseinandergesetzt hat. Er hat nicht nur seinen Job gemacht. Er hat uns persönlich zurückgerufen, nachdem man uns am Telefon gesagt hatte, wir könnten erst am Montagmorgen zur Untersuchung kommen. Er blieb über seine Arbeitszeit hinaus und erwartete uns, um Herrn Klein noch vor dem Wochenende zu untersuchen. Verdacht auf Herzfehler ist nichts, was man an Ambulanzzeiten knüpft. Das schiebt man ein.
Dieser Mensch, genau so alt wie ich, lebt nicht mehr. Wenn man die gesamte Welt betrachtet – ein Einzelschicksal. Doch uns hat es berührt das zu lesen. Denn er hat uns berührt. Durch seine Art, sein Wesen. In dieser einen Untersuchung, während dieser einen Stunde, die wir ihm begegnet sind.
Wir suchen oft einen Sinn im Leben. Fragen uns, wozu wir dieses oder jenes tun. Bemühen uns hier oder dort erfolgreich zu sein. Suchen nach Ruhm oder Anerkennung. Streben nach Lob und Beliebtheit. Doch was zählt all das, wenn wir dabei nicht wir selbst sind. Was hinterlassen Stars mit all ihren Allüren, ihrem ständigen Kampf um Normalität und Zurechtfinden in der Welt der beliebten Sternchen? Ein Leben lebend, dass sie selbst nicht greifen und begreifen können?
Wichtiger ist, dass wir etwas tun, was uns selbst beglückt, was uns erfüllt und und was wir mit Leidenschaft und Begeisterung tun. Was wir nicht tun müssen, sondern tun wollen. Aus tiefstem Herzen.
Gestern hatte ich Elterngespräch im Kindergarten. Die Pädagogin von Herrn Klein sagte mir, sie zwinge die Kinder zu nichts. Sie möchte, dass, wenn sie etwas tun, das aus tiefstem Herzen tun. Und ich war darüber sehr glücklich. Denn ich möchte, dass Herr Klein so, indem er nichts muss, was er nicht muss und tut und will, was er darf, seinen Weg findet. Und einmal ein Mensch wird, der seine Leidenschaft findet und lebt.
Dr. Manuel Steiner war nicht nur Arzt, das hat man gemerkt. Er war bemüht und warmherzig bei der Sache. Er hat uns berührt, ohne das jemals gewusst zu haben. Womöglich hat er mehrere Kinder und Familien in seiner Lebenszeit berührt. Ist das nicht ein wunderschöner Sinn im Leben?
Mich hat der Artikel im Standard gestern abend sehr berührt – und heute berühren mich deine Gedanken dazu sehr! Danke.
Ich habe eben auch den dazu gehörigen Artikel gelesen und bin tief bewegt. Wir alle sind doch immer wieder so in unserem tagtäglichen Tun versunken (also mir geht es zumindest oft so), dass wir vieles als selbstverständlich hinnehmen. Wie schnell so eine heile Welt aus der Bahn geraten kann…
Ich wünsche der Familie alles Glück der Welt. Ich finde es bewundernswert, dass sie mit ihrer Geschichte auch Mut macht und sich bei den Ärzten bedankt.
Wie vielen dieser Arzt wohl schon geholfen hat, einfach weil er war wie er war. So hat ganz sicher alles seinen Sinn, sich wenn wir den oft erst sehr viel später oder manchmal gar nicht erkennen.
Ein berührender Text, danke!
LG, Micha
danke für diesen artikel. mir fehlen noch die worte.
Auch ich möchte danke sagen für die berührenden und wahren Zeilen. Danke!