1993 hat mein Vater durch einen Autounfall seinen Sohn verloren. Gestern hat er durch einen Motorradunfall seinen Stiefsohn verloren. Ein Schiss des Teufels auf den größten Haufen.
Ich hatte keine wirkliche Beziehung zu A., der gestern im Alter von 42 rasant aus dem Leben katapultiert wurde. Er war der Sohn der Frau, die mein Vater heiratete, nachdem er sich von meiner Mutter trennte. Mehr nicht. Wir sahen uns zu Geburtstagen, waren aber komplett verschieden und hatten uns nie viel zu sagen. Dennoch schockt mich diese Nachricht natürlich unendlich.
Was ich darüber hinaus als erstes verspürte war Angst. Diese unsagbare Angst, die in uns Eltern wohnt – die Angst um unsere Kinder. Sie hat mich erschlagen, gelähmt gehalten. Zitternd habe ich meine Kinder beobachtet, wie sie ahnungslos freudig im Leben stehen und spielen. Und das Gedankenkarussell begann sich zu drehen. Schneller und schneller.
Die Angst, liebe, mir nahestehende Menschen zu verlieren, trage ich schon lange mit mir herum. Als dann mein Bruder starb, wurde sie bestätigt und enorm verstärkt.
Mit der Geburt meiner Kinder war mir klar, dass ich diese Angst im Zaum halten musste, damit ich nicht vor Sorgen eingehe. Und so glaube ich manchmal, dass der Herzfehler, mit dem Herr Klein auf die Welt kam, meine persönliche Probe war. Ein Lebenstest in Optimismus. Zum Glück habe ich einen Mann, der davon so viel hat, dass er mir vorgelebt hat, wie das geht. Optimistisch sein. An das Gute glauben. Sorgen sich selbst überlassen.
Heute also diese heftige Watschen. Mein Vater, der zum zweiten Mal mit so einem Schicksalsschlag zu kämpfen hat. Seine Frau, die … Man braucht wohl keine Worte dafür zu suchen. Und in meinem Kopf mit Zepter und Krone plötzlich wieder diese unsagbare Angst. Alles beherrschend.
Aber was bringt sie?
Ein Mensch, der leidet, bevor es nötig ist, leidet mehr als nötig. (Lucius Annaeus Seneca)
Wir können unsere Kinder nicht ewig beschützen. Wir können ihnen nur eine liebevolle und sichere Umgebung bieten, in der sie sich frei und glücklich entfalten können. In der sie wachsen und werden können. Aber wir können sie nicht einsperren. Nicht, wenn wir wollen, dass sie eigenständige Persönlichkeiten werden.
Also lasst uns einen Mistkübel nehmen und alle Ängste und Sorgen hineinwerfen. Lasst uns in die Augen unserer Kinder blicken und ihnen Liebe und Vertrauen senden. Lasst uns unsere Kinder hin und wieder ein wenig oder ein wenig mehr verwöhnen. Lasst uns hin und wieder ein paar Wünsche wahr werden lassen, ein paar Träume erfüllen. Umarmt Eure Kinder. Aber erdrückt sie nicht. Lasst sie frei – begleitet mit Zuversicht, guten Gedanken und positiver Energie.