Zwischen Homeschooling und Gemütlichkeit
Seit Montag sitzen wir alle daheim und versuchen aus diesen Zwangsferien das Beste zu machen. Denn Ferien sind das ja nun wirklich keine, dessen sind wir uns allen bewusst.
Ich gebe ja zu, dass das Thema Homeschooling mich immer wieder gereizt hat. Und wenn ich keine anderen Ansprüche an mein Leben hätte, ich zufrieden wäre mit Haushalt und Unterrichten, dann könnte ich mir das ganz gut vorstellen. Da ich aber selbst immer so viele Ideen und Projekte im Kopf habe, war das für mich unvorstellbar. Ich brauchte die Zeit, in der die Kinder fremdbetreut waren, um mich um meine Dinge zu kümmern. Und um mich.
Jetzt darf ich dieses Homeschooling also mal ausprobieren und stehe damit natürlich vor den gleichen Herausforderungen wie alle anderen Eltern. Denn Fakt ist: Ich bin keine Lehrerin. Ich habe nicht die notwendige Distanz wie eine Lehrperson. Ich bin Mutter und bin mit den Kindern in Beziehung. Hier mit Nachdruck etwas zu lehren ist schwierig. Und das würde ich auch gern allen anderen Eltern raten: Bleibt in Eurer Rolle und werdet jetzt nicht plötzlich zur strengen Lehrkraft.
Viele Kinder bekommen unterschiedlich viele Aufträge für diesen unbestimmten Zeitraum mit. Manche sogar ganze Tagespläne. Das halte ich nicht für machbar, wir sind hier eine Familie und keine Schule und wir können diese Struktur einfach nicht bieten. Wir müssen hier gerade verschiedene Bedürfnisse beachten und das unter erschwerten Bedingungen, denn die Anspannung sitzt uns allen im Nacken. Wir wissen nicht, wie lange das jetzt so geht und wo das noch hinführt.
Und ehrlich – ich sehe nicht ein, dass wir jetzt Lehrstofflücken füllen sollen. Das kann nicht möglich sein. Ich denke, wir können die Kinder gut unterstützen im Stoff zu bleiben, damit sie dann, irgendwann, wieder gut weiterlernen können. Deshalb halte ich nichts davon, dass Eltern jetzt gestresst sind und mit erhobenem Zeigefinger vor ihren Kindern stehen und den Schulstoff überwachen. Es ist eher ein stetiges neu Einschwingen und sehen, was geht.
Das braucht Struktur. Hilfreich ist es, sich jeden Tag zur gleichen Zeit gemeinsam mit den Kindern hinzusetzen und „Schule zu spielen“. So muss nicht jeden Tag neu ausverhandelt werden, wann gearbeitet wird. Ich nehme mir dazu den Laptop mit, so ist es für mich Arbeit, was die Kinder sehen und sie können arbeiten. Gleichzeitig bin ich aber anwesend und unterstütze sie bei ihren Fragen. So schreibe ich jetzt gerade einen Blogpost, während Frau Klein rechnet und der große Le einen Aufsatz schreibt. Heute hätte er eigentlich Schularbeit. Wir haben keinen straffen Plan und schauen jeden Tag aufs Neue, was machbar ist. Schaffbar. Ich sehe das entspannt, denn ich glaube nicht, dass in der Schule nach diesen Wochen sofort der Normalbetrieb weiterläuft. Wir können froh sein, wenn das Schuljahr noch irgendwie halbwegs normal zu Ende gebracht werden kann.
Am Nachmittag ist mir dann wichtig, dass wir Ausgewogenheit haben zwischen gemütlicher Gemeinsamkeit und Dingen, die ich gern für mich machen will, wo die Kinder für sich spielen. Das funktioniert ganz gut, weil ich viele kreative Projekte habe und wenn ich mich denen widme, sehen die Kinder, dass ich beschäftigt bin und suchen sich auch oft etwas zu tun. Und wenn dann die Laune kippt merke ich, dass sie mich wieder mehr brauchen. Dann lasse ich meine Sachen wieder los. Was ich nicht gern tue ist es, die Kinder aktiv zu bespielen oder zu bespaßen. Das ist einfach nicht meines und wenn sie basteln wollen, tun sie das meist von sich aus und frei. So sind sie aber auch nicht allzu sehr auf mich angewiesen.
So ist es ein stetiges Schwanken und Wechseln. Ich erwarte mir nicht zu viel von einem Tag. Ich verzweifle so manches Mal über dem Wohnzimmerchaos, suche Flucht im schnellen Einkauf im nahen Supermarkt und liege abends dennoch müde und erschöpft auf dem Sofa. Die Kinder schauen öfter mal eine Serie oder spielen die Lernapp Anton, die ihnen sehr gefällt (nein, ich bekomme nichts für die Werbung). Aber auch ich schaue ja ständig in mein Handy und beobachte die weltweiten Entwicklungen der Situation.
Die Kinder lernen so trotzdem viel. Über Corona. Über Krankheit und Gesundheit. Über die Welt und das Wetter. Über Zwischenmenschliches. Wir reden viel, die Kinder haben viele Fragen und ich merke: auch sie sind unsicher. Wie lange geht das jetzt so? Was bedeutet das alles? Was sie brauchen ist Austausch. Ruhe. Und viel Zuneigung. Denn die Welt da draußen rüttelt genug.
Und wir? Wir lernen auch viel. Über uns und darüber, was wirklich wichtig ist. Was unsere tiefsten Ängste sind und was uns auch in Krisenzeiten Freude bereitet. Dass wir nicht alles kontrollieren können. Mit wie wenig wir auskommen können. Und was unsere Gesellschaft eigentlich wirklich dringend braucht: Gemeinschaftssinn, Rücksicht, Empathie, Mitgefühl und sehr sehr viel Achtsamkeit. Untereinander und miteinander.
Tag für Tag. Schritt für Schritt. Hoffend, dass wir so gut durch diese Zeit kommen können. Und immer wieder Atmen. Innehalten. Und annehmen, dass das jetzt so ist, wie es ist.