Zweisamkeit wiederfinden :: Was uns als Elternpaar zusammenhält

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Das waren die Ferien. Der Sonntag geht zu Ende und morgen beginnt der alte Trott im Neuen Jahr. Zwei wunderbare Wochen liegen hinter uns. Faulsein. Ausschlafen. Gut und viel essen. Reisen. Gemeinsam sein. Aber auch Anstrengung hat sich unter die Tage gemischt und uns auf Trab gehalten. Drei Kinder sind drei Kinder. Und so kleine Zwerge wie Miniklein haben großes Chaospotenzial. 

Vor den Ferien war ich krank. Der Liepste hatte viele Termine. Beim Versuch den Alltag aufrecht zu erhalten, beim Wunsch nach Ruhe und Erholung in den Ferien für alle kommt eines schnell zu kurz: Die Zweisamkeit. Die Beziehung. Das Wir.

Mittlerweile kennen wir das. Wir spüren es und wir finden uns wieder im Chaos, im Gewirr. Aber es erschreckt mich immer wieder, wie schnell es geht, dass Mann und Frau sich abhanden kommen. Und es wundert mich nicht, dass viele Paare sich dabei verlieren, denn wenn man hier nicht vorsichtig und achtsam miteinander umgeht, kann das Ganze schnell in die falsche Richtung abwärts seinen Lauf nehmen.

Unlängst las ich einen Artikel darüber, warum die Mütter heute so erschöpft sind und während ich den Teil über die Erschöpfung basierend auf gesellschaftlichen Problematiken sehr gut, richtig und schlüssig fand, so konnte ich dem Teil, in dem sie die lebenslange romantische Beziehung als unmöglich hinstellte, nicht gut nachvollziehen.

Nun gibt es die lebenslange romantische Zweierbeziehung nur in Ausnahmefällen. Suggeriert wird aber, sie sei die Normalität.

Ich finde ja nicht, dass die romantische Beziehung heutzutage Normalität ist und ich habe auch nicht das Gefühl, dass uns das suggeriert wird. Ich finde auch überhaupt nicht, dass wir danach streben sollten, denn das ist ja auch für kinderlose Paare keine Realität. Vielmehr finde ich, dass uns nicht dauernd suggeriert werden sollte, dass die Trennung jederzeit eine Möglichkeit sei und dass Patchwork doch sowieso eine gute Alternative ist. Ich finde, dass wir als Paar doch einmal Gründe hatte, die uns zusammengeführt haben. Irgendwann wird es natürlich mal holprig und man verliert – vor allem mit Kindern – diese Gründe aus den Augen. Aber das heißt ja nicht, dass es das Ende sein muss. Im Gegenteil, wir können bewusst an und mit uns arbeiten und auch aus einer gewissen Verantwortung den Kindern gegenüber sollten wir das auch tun. Ich bin bei weitem niemand der sagt „Aber die Kinder! Denkt doch an die Kinder!“ wenn eine Beziehung wirklich scheitert. Aber ich finde, man sollte es wenigstens versuchen.

Und so habe ich heute noch einmal unsere 6 Strategien aufgelistet, die uns helfen an uns dran zu bleiben und uns im Alltagschaos und dem Strudel des Lebens immer wieder zu finden. Und das auf liebevolle Weise.

Bewusst machen, dass es so ist wie es ist
Der erste Schritt bei uns ist oft die Feststellung: „Hey, kennst Du mich noch? Erinnerst Du Dich noch an mich?“ Meist ist das als Spaß gemeint, aber dahinter steht oft ein: „Wir sehen uns kaum noch.“ Meist nickt der andere, weil er es auch längst spürt und dann wissen wir dass es an der Zeit ist, mal wieder genauer auf uns zu schauen. Wichtig ist ja, dass man sich das nicht vorwurfsvoll bewusst macht, sondern es einfach anmerkt. Denn es hat ja niemand „Schuld“, meist passiert es einfach mitten im Alltag. Man versucht gut organisiert durch die Woche zu kommen, wir jonglieren Termine und Einkäufe. Das ist alles nicht wenig und obendrein haben wir ja auch noch das Wohnprojekt. Schlimm ist, wenn hier schon gesagt wird „Du kümmerst Dich gar nicht mehr um mich.“ oder noch schlimmer, wenn man sich stumm und leise zurückzieht.

Das Zwiegespräch
Ich weiß, dass ich es schon oft erwähnt habe aber in meinen Augen ist und bleibt das Zwiegespräch die Rettung, teilweise Vorbeugung jeglicher Konflikte. Diese 90 Minuten helfen mir immer wieder zu sehen: So geht es ihm wirklich. Das geht in ihm vor. Das beschäftigt ihn. Denn viel zu oft interpretieren wir doch in gewisse Verhaltensweisen oder Aussagen etwas hinein. Ich bin da Expertin. Wenn der Liepste gestresst ist und so ganz in seinem Tun, dann fühle ich mich schnell „außen vor“ und „ungesehen“. Dann denke ich schnell einmal „Was hat er nur“ und „Liegt es an mir?“ Im Zwiegespräch merke ich, dass das so gut wie immer kompletter Blödsinn ist. Dann sehe ich, was ihn wirklich gerade so beschäftigt, dass sein Fokus anders gelenkt ist. Und er erfährt all das von mir. Und das in einem Rahmen, in dem man in Ruhe ausreden und ausdenken kann ohne unterbrochen zu werden, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Danach fühle ich mich dem Liepsten immer wieder gleich viel verbundener.

Und ein Buch, was ich in dem Zusammenhang immer wieder gern empfehle ist Die Wahrheit beginnt zu zweit: Das Paar im Gespräch*

Gemeinsame Zeit
Haha. Das klingt ja so herrlich einfach. Aber wenns so einfach wäre, dann hätte man es doch öfter, oder? Oder? Ich bin mir nicht sicher. Viele denken dabei gleich daran zu zweit auszugehen, Essen zu gehen, etwas zu unternehmen, was mit Kindern eben wirklich nicht immer so leicht ist. Aber das muss ja gar nicht sein. Wie oft hingegen sitzt man abends gemeinsam einsam in der Wohnung, jeder vor einem Bildschirm, jeder mit sich und seiner Welt beschäftigt? Klar, hin und wieder arbeite ich abends und wenn der Liepste Stress hat, dann auch er. Dann sitzen wir hier mit den Laptops und klappern stumm vor uns hin. Aber das machen wir uns bewusst. Es gibt aber auch die Tage, wo wir beim Frühstück schon erfreut feststellen: „Heute Abend ist gar nichts, oder? Da haben wir mal wieder Zeit für uns.“ Und das heißt nichts Großes. Das heißt, dass wir die Laptops schlafen schicken, wenn die Kinder das auch tun, dass wir vielleicht eine Flasche Wein öffnen, dass wir einfach gemeinsam sind, reden oder einen Film schauen, den wir gemeinsam auswählen. Wir haben ja keinen Fernseher, das wäre sonst vielleicht auch fatal. Und besonders hängen bleiben bei mir Abende wie solche, wo wir uns Songs aus unserer Vergangenheit vorspielen und dann Erinnerungen dazu erzählen, viel lachen und schmachten. Oder in gemeinsamen Erinnerungen an unsere Zeit in Schottland schwelgen. Und hin und wieder gehen wir auch aus. Das müssen wir dann gut planen, da besorgen wir uns dann Operntickets oder gehen mal Essen, in 3 Wochen gehen wir zum ersten Mal auf einen Ball (juhu!!) und das sind dann besondere Events für uns. Beides tut gut, am Wochenende freuen wir uns aber auch oft wirklich auf einen Abend einfach nur zu zweit im Wohnzimmer. Das kleine Glück und so.

Freiräume schaffen
Es ist aber auch sehr wichtig sich selbst und sich gegenseitig Freiräume zu schaffen. Auch wenn oder gerade wenn es stressig ist. Der Liepste ist selig, wenn er am Wochenende mal ausgiebig laufen gehen kann. Er geht hin und wieder wirklich gern mit den Kollegen nach der Arbeit noch auf ein Bier oder so wie heute mit einem Freund ins Kino. Im Alltag mit Kindern sind soziale Kontakte, die nichts mit Kindern zu tun haben, oft selten. Aber sie sind so wichtig und tun so gut. Und etwas zu tun, was einem gut tut, wie Laufen oder für mich eine Runde Yoga am Wochenende, das ist so wertvoll. Da fühlt man sich hinterher wieder mehr als Mensch, da kommt man gestärkt und zufriedener ins Geschehen zurück. Diese Freiräume muss man natürlich bewusst einfordern oder zumindest gut absprechen. So dass hier beide auf ihre Kosten kommen. Die Einstellung „Immer nur er und ich hocke hier mit den Kindern“ führt zu Frustration. Da muss man reden, aber nicht in diesem eben vorwurfsvollen Ton, sondern von sich aus beschreibend. „Ich habe das Gefühl…“  oder „Ich würde gern mal wieder…“ Das führt mich eben zum nächsten Thema…

Kommunikation
Wie wir miteinander reden spielt dabei eine wesentliche Rolle. Vorwürfe führen oft zu sofortiger Rechtfertigung, man fühlt sich getroffen und will die Schuld von sich weisen. Das bringt alles gar nichts. Aber reden müssen wir, denn sonst stauen sich Gefühle auf, die irgendwann aus uns herausplatzen, wenn ein ganz anderer Konflikt da ein Faß öffnet. Deshalb finde ich eben die regelmässigen Zwiegespräche so bereichernd und sinnvoll. Dabei kann man gut lernen seine Bedürfnisse darzustellen, ohne dem anderen dabei mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen ins Eck zu drängen. Dabei ist es wichtig Erwartungen klar zu kommunizieren. Das Ablesen der Bedürfnisse von den Lippen des anderen, vorzugsweise, bevor er sie selbst empfindet, ist alter Humbug. Wir alle nehmen die Welt anders wahr und wenn unser Fokus im Alltag auf „Funktionieren“ gerichtet ist, dann können wir nicht durch die Luft hindurch sehen, was der andere gerade wünscht. Sagt Euch, was Ihr braucht, was Euch wichtig ist, was Euch stört. Sagt es gleich und nicht erst, wenn es schon so richtig nervt und zwickt. Sagt es ruhig und bedacht. Es ist nicht immer leicht, es braucht Zeit, man muss das manchmal auch erst lernen. Wir haben ja nicht alle gelernt unsere Bedürfnisse zu artikulieren. Aber es lohnt sich.

Und vor allem: Schreibt nicht auf Twitter darüber, was Euch an Euren Partner*innen stört. Sagt es ihnen und klärt es.

Lachen
Vergesst nicht miteinander zu lachen. Auch über Euch. Und über die Kinder. Die geben so viel Grund zu lachen. Die Welt ist zu trübe manchmal, um nicht zu lachen. Ich habe heute  mit dem Liepsten beim Abendessen Tränen gelacht über einen Satz von mir. Es fühlt sich so wunderbar verbunden an miteinander lachen zu können. Vergesst das nicht.

Was hilft Euch in stürmischen Zeiten gemeinsam die Segel zu halten?

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Oktobermami

    Liebe Nadine, das ist wieder so ein toller Artikel von Dir, wo ich die ganze Zeit denke:“ Ja! Ja! Ja! Genauso ist es, sie hat so recht.“ Vor allem auch in Hinblick auf den Artikel über erschöpfte Mütter. Wo soll denn die Verwandtschaft mit Onkel, Tanten usw. zur Unterstützung herkommen, wenn da keine „romantische Zweierbeziehung“ im Ursprung da wäre? So sind wir Menschen nun einmal angelegt. Und Du legst den Finger genau in die Wunde, dass heutzutage wenn es nicht mehr so rosarot wie am Anfang ist, halt einfach suggeriert wird, trennt Euch doch, dann wird alles gut. Was das aber an Leid und Stress für Kinder und Eltern, auch in späteren Beziehungen, bedeutet, wird gerne ignoriert. Toll, dass Du so deutlich aussprichst, dass es eine bessere Lösung gibt und Du konkrete Schritte aufzeigst, die man gehen kann, schon bevor es zu spät ist. Sicher gibt es auch Paare, die alles versucht haben, um Ihre Beziehung zu retten, es aber nicht funktioniert hat. Das will ich nicht ausschließen, und da auch niemandem zu nahe treten. Oder Familien/Beziehungen, wo es Gewalt gibt, keine Frage, da ist nur Trennung eine Lösung. Ein lebenslanges Leiden in einer Beziehung geht natürlich auch nicht. Aber ich empfinde es eben ähnlich wie Du, eher wird zur Trennung geraten, als dazu ermutigt, an der Beziehung zu arbeiten und das schon von Anfang an. Alle Daumen hoch für diesen super Post!!!

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