Zurück in die Mitte des Flusses. Was tun, wenn wir als Paar auseinander driften?

Heute hatten wir wieder ein Großgruppentreffen, also ein Vereinstreffen mit allen Vollmitgliedern. Dabei sitzen wir meist im Kreis und wenn wir ankommen, platziere ich mich meist ganz automatisch irgendwo mit dem Liepsten nebeneinander. Im Laufe des Treffens wechseln wir aber kinderbetreuungs- oder pausenbedingt die Plätze und so saß ich dann mal wieder ganz quer durch den Raum gegenüber von ihm. Und sah ihn inmitten all dieser Menschen als Mensch, ohne Kind am Schoß, ohne Rumzuwerkeln in der Wohnung, ohne Laptop vor der Nase. Einfach dieser Mann. Mein Mann. Seine Schönheit. Die Ruhe, die er ausstrahlt. Den Optimismus, mit dem er mich auffängt. Sein Lachen. Und all die Liebe, die ich für ihn empfinde.


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Im Alltag mit Kindern ist es nicht immer leicht, diese Liebe vordergründig und bewusst aufrecht zu erhalten oder sich ihrer bewusst zu sein. Im Gegenteil. Zieht ein Baby ins Haus ein, steht nicht nur das Leben, sondern schnell auch die Beziehung Kopf. Plötzlich ist nichts mehr am rechten Fleck und das Herz nur mehr ein mechanisches Ding, das den Körper mehr oder weniger am Laufen hält. Ahnen konnten das wohl die wenigsten Paare. Wirklich vorstellbar ist es nicht. Aber erwischen tut es die meisten. Was kann man also tun, um wieder zu sich zu finden, bevor man zu weit auf den Ausläufern mit der Strömung davon treibt.

gegenseitige Wertschätzung
Wir Frauen wünschen uns immer wieder, dass unser Job als Mutter daheim mit dem Kind ernst genommen wird. Weil er ernst ist und wesentlich mehr als nur Kochen, Wäsche waschen und das „Beilaunehalten“ eines Babys oder Kleinkindes.
Genauso sollte aber auch die Arbeit des Partners ernst genommen werden. Auch er hat oft Stress, vollgestopfte Tage, muss den Kopf über Wasser halten und springt, wenn er heim kommt, ohne Pause von einer Rolle in die nächste. Denn weder Kind noch Frau lassen ihm gern Zeit zum Ankommen, Ausruhen und Abschalten. Schließlich haben wir die als Frau ja auch nicht. Deshalb warten wir ja so oft sehnsuchtsvoll auf die Heimkehr des Partners.

Anstatt sich hier gegenseitig vorzuwerfen, wer den härteren Job hat, sollte man einfach Raum schaffen um den Tag des jeweils anderen anzuhören und wertzuschätzen. Ein „Das klingt anstrengend.“ ist da oft hilfreicher und unterstützender, als ein „Ja bei mir wars auch nicht besser.“

Zeit nehmen
Das klingt jetzt vielleicht für viele paradox. Denn Zeit ist ja oft genau der Haken, weshalb man auseinander driftet. Aber wenn man nicht schafft, sich Zeit zu nehmen füreinander, ist es dringend notwendig, dass man schaut, warum man es nicht schafft. Welche Bedürfnisse stehen da über welchen? Wollen die Partner gegenseitig zu viel und quetschen ihre Hobbies, Jobs oder sonstige Anliegen zwischen Kind- und Paarzeit? Oder sind die Bedürfnisse der Kinder so im Vordergrund, dass kein Zeit mehr für das Paarsein bleibt? Wir verbringen als Eltern sehr viel Zeit damit die Bedürfnisse der Kinder zu sehen, zu erkennen, zu verstehen und zu erfüllen. Dabei vergessen wir aber schnell unsere eigenen. Auch die, die wir als (Ehe-)partner*in haben. Es ist wichtig, dass man in jeglicher Hinsicht schaut – passt das gerade für alle Familienmitglieder? Das fängt beim Familienbett an. Es bringt nichts zu überlegen was das Beste und ausschließlich das Beste fürs Kind ist. Es ist wichtig zu sehen – womit können wir alle gemeinsam gut leben. Womit geht es uns allen gut. Was ist das Beste für uns ALLE!

Das kann sich auch im Laufe der Zeit ändern. Wir können uns plötzlich durch Dinge eingeengt, vernachlässigt oder unverstanden fühlen, die wir am Anfang problemlos akzeptiert haben. Wichtig ist, dass wir sehen, wenn etwas für eine Person so nicht mehr passt. Und dann schauen, was man ändern kann. Mit unseren Kindern machen wir das ja genauso. Sie entwickeln sich, sie lernen dazu. Wir müssen uns ständig anpassen, was gestern „funktionierte“ ist morgen schon Schnee von gestern. In der Partnerschaft ist das nicht anders. Im Leben als Mutter oder Vater ebenso.

So haben wir zum Beispiel dafür sorgen müssen, dass Herr Klein allein in seinem Bett einschlafen kann, ohne uns. Das war lange Zeit kein Problem für uns, ihn da zu begleiten. Aber irgendwann artete es aus, raubte uns Energie, Zeit und Nerven.

Obendrein müssen wir uns immer wieder zu „screenfree evenings“ zwangsbeglücken. Da schalten wir alle technischen Geräte ab und kommunizieren mal wieder auf die ganz klassische Art und Weise. Und finden uns in Gesprächen wieder, die wir so lange vermisst haben.

Lachen
Ich bin ja generell ein humorvoller Mensch. wenn ich mit jemandem nicht gemeinsam lachen kann, dann kann ich mich mit der Person selten länger verstehen. Wenn jemand meinen Humor nicht versteht, dann kommen wir irgendwie nie wirklich zusammen.

Gemeinsames Lachen – und zwar nicht über eine witzige Anekdote mit Kindern, sondern über etwas aus dem Leben „draußen“ oder einer Szene in einem Film oder Buch, oder gar über sich selbst – bringt ein Gefühl von Verbundenheit. Gemeinsames Lachen ist wie das Stricken eines gemeinsamen Pullovers. Je mehr man an Maschen, also gemeinsamen Lachmomenten zusammenbringt, umso wärmer wird den beiden Eingestrickten.

Sich sehen
Wie oben beschrieben ist es sehr belebend, wenn man den eigenen Partner, die eigene Partnerin mal wieder als eigenständigen Menschen sieht. Als Person fernab jeglicher Rolle als Mutter oder Ehefrau. Da hilft es wirklich einmal einen Schritt nach hinten zu treten und quasi „von außen“ auf unsere/n Partner/in zu schauen. Das funktioniert auch gut in geselligen Runden mit anderen Menschen oder unterwegs. Wenn einer von uns in der Straßenbahn aus dem Fenster starrt, ein Buch liest oder in ein Gespräch mit jemandem vertieft ist. Das bedarf nicht viel Zeit, nicht viel Organisation. Und kann das Herz unglaublich beleben. Die Seele wärmen.

Sicher gibt es für jedes Paar ganz eigene Strategien des Glücks und des Erhaltes der Partnerschaft. Und ich könnte hier noch ewig weiter schreiben. Aber das sind die vier für mich wesentlichen Punkte.

Was hilft Euch, wenn Ihr das Gefühl habt, Ihr müsst mal wieder zu Euch finden?

In meinem Online Kurs „Paar sein und bleiben“ geht es um diese und weitere Themen, die Paare während ihrer Beziehung beschäftigen und herausfordern.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Pfarrfrau

    Wunderbar beschrieben! Danke!

    Wir versuchen dann ungestörte Gespräche. Oder auch einfach beieinander sein, ohne reden, Erwartungen. Einfach Kuscheln und genießen. Stille hat man mit zwei kleinen Kindern ja selten ;-)

  2. Dine

    Ganz wundervoll geschrieben und mir direkt aus dem Herzen!
    Grade dieses „einen Schritt zurück treten“ und den Partner mal ganz bewußt als eigenständigen Menschen wahrzunehmen. Die Erkenntnis daraus, dass dieser Mensch freiwillig und aus Liebe sein Leben mit einem teilt, was er leistet und auch opfert – umwerfend! Ich verliebe mich dann immer wieder neu in meinen Mann :)
    LG
    Dine

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