Haustausch – von ungeplanter Urlaubsplanung

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Wie schon öfter erwähnt reisen wir in letzter Zeit vermehrt via Haustausch umher. Das heißt, dass wir dort, wo wir hinfahren eine Wohnung beleben, während deren BewohnerInnen in unserer Wohnung in Wien hausen. Angefangen hat das letztes Jahr im Oktober in Italien, dann zweimal in München und jetzt im Sommer waren wir in Kroatien. Ich werde immer wieder gefragt, wie das so abläuft und wie zufrieden wir sind. Hier also mal ein kleiner Einblick in diese andere Form des Urlaubs.

Mit Italien war es so, dass wir eigentlich gar nicht geplant hatten, im Herbst zu verreisen, aber die Anfrage der Italiener auf unser Profil auf homeexchange.com ziemlich genau auf die freien Schultage fielen und wir somit prinzipiell interessiert reagierten. Man kann Anfragen auch direkt kommentarlos ablehnen, man kann erläutern, warum man nicht interessiert oder vermitteln, dass es zu dem Zeitpunkt nicht passt, man aber prinzipiell Interesse hätte. So begannen wir hin und her zu schreiben, Züge zu suchen, Termine zu fixieren und am Ende war der Tausch perfekt. Die Italiener reisten an einem Freitagvormittag an, wir bestiegen am selben Abend den Nachtzug nach Rom. So konnten wir sie begrüßen und ihnen die Wohnung und das Haus zeigen. In Kroatien war es nun so, dass die Kroaten noch vor Ort waren, als wir ankamen und sie uns ihr Haus zeigten.

Für diesen Sommer hatten wir unzählige Anfragen via Homeexchange an Kroaten, Italiener, Holländer und Ostseedeutsche verschickt, doch irgendwie schien nichts zu passen. Wir bekamen viele Anfragen von Spaniern und Portugiesen, aber wir wollten unbedingt in Zug- oder Autoweite bleiben und nicht schon wieder fliegen. Also fielen diese Anfragen aus. Nun ist Wien im Sommer für zwei Wochen scheinbar auch nicht sonderlich attraktiv (was ich gut verstehe!), da wollen die meisten einfach ans Meer oder in ländlichere, ansprechendere Gegenden. Der Liepste und die Kids wollten aber unbedingt ans Meer und so gaben wir irgendwann auf und mieteten ein normales Urlaubsapartment in Kroatien. Und dann kam im Juni eine Anfrage von der kroatischen Familie. Ihr Sohn wollte einen Sprachkurs in Wien besuchen. Die Daten passten eigentlich nicht gut, wir hatten schon einen Teil des Juli verplant, der Liepste hatte einen Urlaubsantrag für August eingereicht etc. Aber die Kroaten waren so interessiert, dass sie den Sprachkurs, wir den Urlaub um ein paar Tage verschoben, bis wir zwei Wochen gefunden hatte, die für alle passten. Wir sagten das bereits gemietete Apartment ab und ließen uns glücklich auf einen weiteren Haustausch ein.

Es vergeht sehr viel Emailerei im Vorfeld. Mit den Italienern haben wir auch einmal geskyped bevor wir wussten, dass wir uns sowieso noch begegnen würden.

Dann folgt der Putzteil im eigenen Heim. So eine Wohnung will man ja sauber, aufgeräumt und brauchbar übergeben. Mir ist wichtig, dass nicht viel Zeug herumliegt, dass in den Kleiderschränken – vor allem bei längeren Tauschen – Platz ist für ihre Sachen, dass wenig Essensreste da sind und die Betten frisch bezogen sind. Das bedeutet kurz vor Abfahrt immer noch Betten wechseln, Zusammenräumen und auch die Wäsche so planen, dass nicht noch ein vollgehängter Wäscheständer mit unseren Unterhosen die Fremden begrüßt. Aber man bekommt Routine, was so alles zu bedenken ist und mit jedem Tausch lernt man noch dazu, was wichtig ist zu erwähnen oder zu beachten.

Und dann kommt der spannende Teil. Man betritt eine fremde, aber sonst bewohnte Wohnung. Es ist kein lieblos eingerichtetes Urlaubsapartment, es ist der private Lebensraum uns sonst fremder Menschen. Es liegt noch etwas Reisestimmung der anderen in der Luft, man spürt fast eine leichte Brise gerade herausgewehter Koffer. Behutsam schaut man sich um, orientiert sich, richtet sich ein. In unserem Fall bedeutet das oft: Räumt die Kinderebene frei von Zeug… Organisiert Schlafplätze sicher und sinnvoll und begutachtet Lebensmittel und Vorräte für einen ersten Einkauf vor Ort. In München waren wir ja schon zweimal und da war das zweite Ankommen schon wie ein kleines NachHausekommen. Man kennt sich aus, man sieht, dass das Bad gestrichen wurde, man findet sofort die Kaffeetassen im Schrank.

Das Sein in einer fremden Wohnung ist für mich ein ganz anderer Urlaub. Man landet nicht nur in einer fremden Stadt, sondern auch in einem fremden Leben. Man fühlt sich nach Ankunft nicht nur als Tourist, sondern auch ein Stück als Platzhalter der Menschen, die da sonst wohnen. Man gießt Blumen, trägt den Müll hinaus, hängt Wäsche auf und grüßt die Nachbarn, als wären es die eigenen. Die Kinder lehrt es immer wieder Sorgsamkeit und Achtsamkeit im Umgang mit fremden Dingen. Das besprechen wir immer wieder neu und überlegen auch, was wir lieber gleich außer Reichweite räumen. Für die Kinderzimmer ist oft ein fotografisches Gedächtnis sinnvoll, denn dort sieht es schnell ganz anders aus als nach Anreise…

Der noch spannendere Teil ist dann immer die Nachricht, dass die anderen in unserer Wohnung angekommen sind. Ich stelle mir dann immer vor, wie sie unser Wohnzimmer betreten, sich umschauen, was sie wohl denken von der Einrichtung, der Aufteilung und allem. Wo ihre Koffer fallen, wie hoch die Kinder durchs Wohnzimmer schaukeln, wie sie die Küchenschränke durchforsten auf der Suche nach einem Korkenzieher, oder einer Salatschüssel. Die eigene Wohnung betrachtet man dann auch nochmal ganz anders.

Wir haben auch gelernt eine kleine Begrüßung zu hinterlassen. In München erwartete uns nämlich ein Begrüßungswein auf dem Tisch. Die Münchner waren noch unterwegs, so dass wir unsere Nachbarin in Wien schnell bitten konnten, eine Flasche Rotwein für die Münchner hinzustellen. Ein Hoch auf Nachbarn mit Schlüssel zur Wohnung! Mittlerweile lassen wir immer etwas zur Begrüßung stehen. Wein, Säfte für die Kinder oder ähnliches. In Kroatien stand für uns nicht nur ein Glas selbstgemachte Marmelade, sondern sogar ein Geburtstagskuchen für den Liepsten. So ein Haustausch ist irgendwie immer sehr liebevoll, sehr warmherzig. Und das vermittelt dann auch das Gefühl: Tritt ein, nimm Platz, fühl dich wohl.

Für die restliche Zeit des Haustausches folgt oft ein reger sms Austausch. Wo sind die Handtücher? Wie schalte ich die Heizung ein? War die Glaskaraffe, die wir eben zerschmettert haben, wertvoll und wenn ja, wo können wir sie nachkaufen? Gibt es einen Arzt in der Nähe? Oder auch: Wow, was für tolle Bücher im Regal! Und natürlich ersmst man dann die Anweisungen für die Rückführung der Wohnung in den Originalzustand. Wohin mit der Bettwäsche? Was sollen wir gleich noch waschen, was können wir liegen lassen? Wo ist der Staubsauger? So Zeug halt.

Obwohl wir sogar eine Art „Hausanleitung“ geschrieben haben – was wir bei den Münchnern anfangs eigenartig betrachtet haben, dann als wertvoll erkannten – tauchen immer wieder Fragen auf. Und letztendlich ist dieser stetige Austausch auch witzig.

Dass andere Menschen in meiner Wohnung wohnen, stört mich dabei überhaupt nicht. Ich habe keine besonderen Wertgegenstände, um die ich Angst hätte. Ich vertraue sehr darauf, dass sie am sorgsamen Umgang mit den Dingen genauso interessiert sind wie wir, schließlich wollen sie ihre Wohnung ja auch gern so vorfinden, wie sie sie sonst beleben. Und es gab bisher auch wirklich keine Verwüstungen oder Enttäuschungen in die Richtung.

Tja und am Ende ist es dann oft schade, dass man sich nicht persönlich noch mal sieht oder trifft und austauschen kann. Dieses Mal haben wir die Kroaten wenigstens am Heimweg auf einer Raststätte bei Graz getroffen, wo wir zufällig gerade beide in der Nähe waren. Es ist so spannend zu hören, wie die anderen die eigene Wohnung und ja auch ein Stück des eigenen Lebens erfahren haben. Man redet von Wiedersehen und „vielleicht passt es ja mal wieder“. In München hat das dann auch schnell geklappt, die wollten unbedingt nochmal für ein längeres Wochenende nach Wien und wir waren gern bereit für noch eine Runde München. Und sind es gern immer wieder. So ein Zweitwohnsitz in München ist doch wunderbar. Durch das Leben in einer fremden Wohnung hat man das Gefühl, die Menschen, die da sonst sind, auch ein Stück kennenzulernen. Durch die Dinge, die dort sitzen und Geschichten erzählen, durch Fotos an den Wänden, Urkunden, die Lebensmittel im Vorratsschrank. Im Schreiben nennt man das „show don’t tell“ – man beschreibt Menschen oder Charaktere nicht direkt, sondern durch ihre Wohnung, ihre Kleidung, ihre Vorlieben, ihre Freunde etc.

Wo es uns als nächstes hin verschlägt? Ich weiß es nicht. Wir haben schon Anfragen für Weihnachten und Silvester, obwohl wir gar nicht wissen, ob wir da überhaupt wegfahren wollen. Aber so ein Haustausch öffnet einfach neue Möglichkeiten und neue Türen. Wer weiß, was sich anbietet. Wir überlegen schon einmal vorsichtig, wo wir im nächsten Sommer hin wollen. Aber wer weiß, vielleicht kommt das Urlaubsziel auch einfach per Emailanfrage angeflogen. Wir sind gespannt.

 

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Sanne

    Danke, dass Du Deine Erfahrungen geteilt hast, ich war schon neugierig darauf. Die ganze Putzerei und Wascherei im Vorhinein und am Ende des Urlaubs stelle ich mir persönlich stressig vor, insbesondere da unsere eigenen Urlaubsvorbereitungen auch ohne Putzen und Waschen schon von Hektik gekennzeichnet sind. Als ich mich mal versuchsweise auf dem Haustauschportal umschaute, ist mir außerdem aufgefallen, dass die meisten Häuser und Wohnungen sehr, nun ja, gepflegt? aussahen, also nicht wirklich wie aus einem Einrichtungsmagazin, aber die meisten Häuser und Wohnungen wirkten komplett saniert und neu eingerichtet auf mich. Ich fürchte, ich würde da nicht gern tauschen wollen, da wir Vergleichbares nicht zu bieten haben.

  2. Iona

    Voll toll!! Ich will das schon lange einmal machen, nur muss ich meinen Mann noch dazu überreden der dem sehr skeptisch gegenüber steht

  3. Jela

    Hallo,

    auch wir lieben diese Art des Urlaubens sehr. Wir tauschen seit 17 Jahren und haben so bisher 22 Tausche erlebt. In diesem Jahr waren wir zwei mal in Stockholm, im April wird unser 23. Tausch in Barcelona sein. Wir könnten uns das viele Reisen sonst niemals leisten, abgesehen davon ist es Abenteuer pur. Und sehr praktisch, immer jemanden zu haben, der die eigene Wohnung hütet. Das vorherige Aufräumen und Putzen ist anstrengend aber wir sind inzwischen dnakbar für den Anstoß, das wirklich mal in dem Umfang machen zu MÜSSEN und das, was wir dafür bekommen, ist es allemal wert.

    Wir lieben es und ich stimme deinen Schilderungen absolut zu. Es ist so viel Überraschung dabei – das dort Ankommen, das Wiederzurückkommen, die Feedbacks usw. Wir sind auf einem anderen Portal gelistet, es gibt ja inzwischen etliche Anbieter.

    Viel Spaß noch dabei!
    LG Jela

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