Die letzten Monate und Wochen waren immer wieder sehr herausfordernd. Wenn man stetig erschöpft durch den Alltag segelt, wenn man Ideen und Ziele setzt, verwirft, neue sucht, neue findet, ihnen mangels Kraft nicht folgen kann, nicht zur Ruhe kommt und dazu noch uralte und ganz neue Themen mal mehr und mal weniger belasten, dann geht man durch einen Haufen Emotionen, von deren Stärke man gern mal überwältigt wird.
Das ist ja dann gern ein Moment, in dem man davonlaufen, sich im Bett verkriechen, sich hinter Weingläsern verstecken oder wütend und aggressiv auf andere losgehen möchte. Was auch immer man aus diesem Buffet an Handlungen wählt – es hilft nicht wirklich nachhaltig, es ist selten gesund und schon gar nicht wohltuend. Was aber sonst kann man tun?
Pema Chödrön, die ich persönlich sehr verehre, sagt:
Feel the feelings and drop the story.
Sie sagt also – wenn eine Emotion kommt, dann blende die Geschichte rundherum aus, die damit zusammenhängt. Bleib einfach bei der Emotion. Sie vergleicht es mit einem Stein, den man ins Wasser wirft. Der kann eintauchen und nach unten fallen, ohne dass sich an der Oberfläche etwas regt. Oder ich kann ihn reinwerfen und die Wellen bis ans andere Ufer verfolgen. Und mir war das lange ein Rätsel, wie das möglich sein soll. Wie ich „einfach“ nur bei den Emotionen bleiben soll. Tatsächlich sind wir nämlich oft so gefangen im „das ist alles so sch… und es ist doch kein Wunder, wenn das immer wieder so ist und wie soll ich denn, wenn nicht und überhaupt…“ Wir verrennen uns in diesen Gedanken und lassen uns völlig von den Emotionen mitreißen.
In den letzten Wochen habe ich gelernt das abzustellen und ich finde das nun nicht nur für mich, sondern auch für meine Kinder äußerst hilfreich.
Wenn mich also mal wieder tiefe Traurigkeit oder großer Ärger überkommt, dann setze ich mich oft hin, um mich dieser Emotion in mir drinnen zu widmen. Das heißt ich setze mich auf mein Meditationspolster, stelle mir den Insight Timer und schaue mal genauer, was da los ist. Erst körperlich – da ist oft Anspannung oder Erschöpfung, da surrt der Tinnitus oder das Herz rast. Und dann geh ich in die Emotion. Klar, das führt gern mal dazu, dass ich weinen muss. Aber auch das lasse ich einfach zu ohne es zu bewerten. Es gehört dazu, es entspannt auch den Körper oft.
Und dann hole ich mir noch meinen Weggefährten zu mir. Das ist eine Person, die ich mir im mbcl (mindfulness based compassionate living) Kurs gesucht habe. Die kann fiktiv sein oder real, jedenfalls ist es eine Person, die man sich in die Meditation holt, bei der man sich wohl fühlt, die sich wohlwollend verhält, die uns gut kennt und verständnisvoll agiert. Und diese Person taucht dann einfach auf und sagt manchmal einfache Sätze wie: „Das tut heute wieder besonders weh.“ oder „Da ist grad so viel Wut, gell?“ Und das ist alles, was es braucht. Das kommt dann alles raus. Und alle Gedanken, die in ein „ja, weil doch alles so doof ist und das auch schon wieder nicht gut lief und das mit der Person so schwierig ist und …“ münden, die lasse ich davonziehen und kehre zu mir zurück.
Und damit werde ich Schritt für Schritt ruhiger. Dafür lande ich einfach bei mir selbst. Und ganz hier, wo ich gerade bin. Danach bin ich meist ein paar Tonnen leichter, einfach weil die Schwere der Emotionen rausgelassen ist. Denn nein, die Gefühle selbst sind noch da, die können wir ja nicht einfach abdrehen – wie zauberhaft wäre das manchmal. Aber wir können uns davon befreien wie sie uns lenken und leiten, uns hinunterziehn und tief unten festhalten. Es hilft auch oft überhaupt erst einmal herauszufinden, welche Emotionen überhaupt da sind. Das ist uns ja oft gar nicht so unbedingt klar.
Das gleiche erlaube ich auch den Kindern. Gestern war Frau Klein tieftraurig, weil ein anderer Bub sie reingelegt hat. Klar, da kann man traurig sein, vor allem weil sie sich gewünscht hat, er würde mit ihr spielen. Da muss ich sie nicht ablenken damit, was sie sonst noch spielen könnte oder mit wem. Da kann ich mich erst einmal ihrer Emotion widmen und diese auffangen. Danach erledigen sich ja solche Konflikte oft von selbst und viel leichter, wenn zumindest diese Gefühle erst einmal raus durften.
Es ist keine leichte Übung. Denn wir haben als Kinder schon gelernt, dass wir „nicht weinen müssen“ und alles nur „halb so schlimm“ ist. Stark sein, uns zusammenreißen, mal nicht so anstellen. Das hilft uns alles nicht weiter. Ich bin froh, diesen Weg für mich entdeckt zu haben.
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