(K)EiN LOBLiED AUF MONTESSORi


14 Stunden Montessori liegen hinter mir. 14 Stunden Mathematik. 14 Stunden Staunen.
Und nein, das wird kein millionstes Loblied auf Montessori. Sie können ruhig weiterlesen.

Als ich mich zur Montessori Ausbildung entschieden habe, wusste ich noch nicht, wohin mich mein Leben 2.0 führen wird. Ich wusste nur, dass es bereits begonnen hatte. Nach einem Einführungsseminar zur Montessori Pädagogik. Vorher war es für mich „das mit dem anderen Spielzeug da“. Und plötzlich war es eine ganz neue Welt. Voller Aha-Erlebnisse und Staunen.

Nun bin ich mittendrin und weiß, dass ich eigentlich keine Montessori Pädagogin in einem Kinderhaus sein möchte. Trotz aller Veränderungen in und um mich herum bin ich nach wie vor ein launischer Morgenmuffel, der sehr häufig seinen Rückzug braucht. Also für die ganztägige Arbeit mit Kindern ungeeignet. Und das ist ok so. Warum ich die Ausbildung trotzdem weitermache? Weil ich sie spannend finde und mich freue, darüber zu lernen, was meinen Sohn (jetzt noch nicht so intensiv, aber in einem Jahr) täglich beschäftigen wird. Und ich freue mich für ihn. Denn das, was in einem wirklich guten Kinderhaus geboten wird, ist einzigartig und absolut wundervoll. Wenn es eben rund ist.

Leider gibt es sehr viele Vorurteile rund um die Montessoripädagogik und das letzte, was ich tun will, ist sie loben und huldigen, als gäbe es nichts anderes. Denn dann produziere ich einen weiteren Artikel, der Eltern abschreckt und davonjagt und diese Vorurteile tiefer in die Gedanken einfräst. Das ist es nämlich leider, was viele MontessoripädagogInnen und -ausbilderInnen tun. Sie predigen.

In der Montessori Akademie in Hütteldorf/Wien ist dies so schlimm, dass ich es fast nicht ausgehalten habe, das 3tägige Einführungsseminar durchzusitzen. Fragen wurden mit verdrehten Augen beantwortet, dauerhafte Monologe geführt und verschiedene Materialien oder Erziehungsmethoden mit richtig oder falsch BEWERTET. Etwas, was Montessori doch so sehr ablehnte. Es war furchtbar und ich kann nur jedem abraten, dort Zeit zu verschwenden. Vor allem denen, die es wagen, sich auch kritisch mit der Montessoripädagogik beschäftigen. Dabei finde ich gerade das so wichtig für die Auseinandersetzung mit einer Thematik. Zu hinterfragen. Und ist es nicht das, was wir uns von unseren Kindern wünschen? Dass sie hinterfragen, statt Ja und Amen zu sagen? Aber stimmt, wir haben das ja verlernt, also können wir auf dieser Schiene weiter unser Leben dahinpaddeln.

Apropos Kritik. Mir wurde heute im Kurs auch von einer Teilnehmerin gesagt, sie lese gerade ein kritisches Buch über Montessori und ich war ganz interessiert. Und angeblich steht in diesem Buch auch, dass Montessori gar nicht alle Materialien selbst entworfen, sondern sie teilweise nur übernommen hat. Und nun werden sie unter ihrem Namen verwendet. Und ich sage: Na und! Mir doch egal. Denn wer einmal diese Materialien nicht nur gesehen, sondern erfahren, gespürt oder auch selbst nachgearbeitet hat, der weiß, wie wertvoll sie sind. Da möchte ich statt meinem Leben 2.0 eine Kindheit 2.0 und meinen Tag in einem Kinderhaus verbringen, in dem ich mich austoben und sowohl Sprache, Mathematik, Kultur oder Musik erforschen und erfahren kann, wie ich und wohl fast jedeR in unserer Generation es nicht konnte. Und das spielerisch, ungezwungen und frei.

Huch, schon wieder eine Huldigung. Nein, so meine ich das nicht. Natürlich soll es nicht so sein, dass es nur das gibt, und nichts anderes. Das Material ist einfach grandios, aber wer verbietet, dass es im Kinderhaus auch andere Dinge geben darf wie Rollenspielbereiche, Puppenecken oder Gesellschaftsspiele, der treibt es so weit, dass es steif und unnatürlich wird. Dann wird es komisch und dann ist es das, womit sich niemand identifizieren kann und will.

Letztendlich muss ich nun aber doch zugeben, dass ich die Montessoripädagogik etwas huldige. Weil ich in dem Haus, in das Herr Klein täglich geht, erlebe, wie wundervoll es ist – die Atmosphäre, die Materialien, die Begeisterung der Kinder.
Was ich mir aber wünschen würde, wäre eine Offenheit derer, die diese Vorurteile in sich tragen, ein Ohr und ein Auge zu leihen, um selbst zu sehen und zu hören, worum es wirklich geht. Und vor allem WiE. Aber auch eine Offenheit derer, die predigen und huldigen. Denn genau das waren schon immer und sind noch heute Methoden, die eine Anti-Haltung hervorrufen, so dass am Ende ein unüberwindbarer Graben entsteht, wie wir ihn eben genau heute erleben. Und das ist schade. Für uns. Und unsere Kinder.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Kuhnnigunde

    Hallo,ein toller Artikel den du da geschrieben hast. Ich arbeite auch in einer Montessori-KITA. Ich finde es auch sehr wichtig sich kritisch damit zu auseinanderzusetzen und auch andere und sehe es wie du. Eine Ausgewogene Mischung aus MM-Materialien und "normalen" Spielsachen ist das A&O. Viele Grüße, Kerstin

  2. Anna

    Ich habe Deinen Post eben erst beim Stöbern entdeckt. Vielen Dank dafür. Ich als ehem. Monti-Kind liebe die Art des Unterrichts und das Schüler-Lehrer-Verhältnis sehr. Niemand sonst in meinem nahen und fernen Bekanntenkreis hat eine solche Schule besucht. Nicht dass ich mich als Sonderling fühle, aber ich habe eine andere Art zu Lernen erfahren und einen anderen Umgang miteinander. Das hat mich geprägt. Damit muss man pre se Montessori nicht in den Himmel loben, aber ihre Pädagogik als Chance begreifen es anders (besser?) zu machen. Und damit ist doch schon oftmals viel mehr getan, als man vermuten möchte. In diesem Sinne, liebe Grüße an Dich! :-)

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