Attachment Parenting und die pure Erschöpfung

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Diese Woche war in der Zeit ein Artikel einer Mutter zu lesen, die von ihrer tiefen Erschöpfung berichtete, nachdem sie ihre beiden Kinder bewusst nach den Prinzipien von Attachment Parenting begleitet hatte. Es ist nicht der erste Artikel dieser Art, sie tauchen immer wieder im Netz auf und jedes Mal gibt es neben den Rechtfertigungen der APler die Kommentare, die sagen: „Endlich spricht es mal jemand aus, danke!“ 

Mir begegnen solche Mütter und Eltern in meiner Arbeit als Familienbegleiterin immer wieder. Am Ende und verzweifelt kommen sie mit ganz Fragen zu mir und nach und nach decken wir die wahren Probleme hinter diesen auf. Das sind meist eben nicht die nichtschlafenden, dauerstillenden, tobenden Kinder, das sind oft Erschöpfung, Dauermüdigkeit, Verzweiflung, Versagensangst und daraus resultierende Gereiztheit, Genervtheit der Eltern. Sie schreien ihre Kinder an, obwohl sie das nicht wollen. Sie glauben etwas falsch gemacht zu haben, denn trotz stetigem Tragen, trotz Familienbett und Stillen ganz nach Bedarf schreien die Kinder, schlafen schlecht, beruhigen sich schwer und hängen an ihnen. Die Frage, die sich alle stellen ist: „Warum ist mein Kind so anstrengend, wenn ich doch alles gebe?“ Sie wundern sich: Wann wird das besser, ich will doch nur mal wieder in Ruhe einen Kaffee trinken.

„Mein Problem ist, dass ich grad so richtig ansteh, mich kraftlos, energielos, ausgelutscht, freudlos und vor allem hilflos fühl.“

Und genau da spüre ich immer wieder, wie gefährlich dieses Attachment Parenting ist. Ihre Verfechter rufen in solchen Momenten noch oben drauf: „Dann hast du es nicht verstanden. Dann hast du es falsch gemacht!“ Aber das schüttet ja noch mehr Panik und Angst in die Verzweiflung der Mutter, die bisher glaubte das sei der richtige Weg und sie würde ihrem Kind und für die Bindung das Beste geben, in dem sie ihm alles gibt. Sich komplett aufgibt. Stattdessen liegt sie erschöpft nieder und die scheinbar echten KennerInnen und WisserInnen treten noch einmal drauf. „Selbst schuld, wenn du nicht erkannt hast, dass du dabei auch auf dich achten musst.“ oder „Tut mir leid, wenn du nicht genügend Unterstützung hast.“ Aber was hilft die eigentlich schon vorhandene Möglichkeit der Unterstützung, wenn die Mutter sagt „Ich kann sie ja nicht abgeben, sie bleibt ja nur bei mir.“ oder „Aber die Oma macht doch alles anders, da kann ich doch meine Kinder nicht lassen.“ Selbst Schuld, ja? Ist das die Antwort auf Mütter, die nicht mehr können?

Ich habe es nie ausgesprochen, aber ich halte nicht viel von Attachment Parenting in der Form, wie es in der Medienwelt dargestellt und großteils verstanden wird. Und schon gar nichts von der Community, die dahinter steckt. Eine Strömung, in der sich Mütter dafür rechtfertigen, dass sie einen Kinderwagen besitzen (aber nur ganz ganz selten verwenden wohlgemerkt!), wo Mütter mit einem „Was schon?“ antworten, wenn eine andere ihre gerade Einjähriges Kind abstillt. Eine Community, in der der Hashtag #whereallthebabies suggeriert, dass dann alles gut wird.

Ich krieg ihn kaum weg, krieg kaum „Luft“ zum Liegen und Schlafen – aber mir tut’s auch weh und leid, wenn ich ihn so wegstoße.

Verurteilt dann bitte nicht die Mütter, die nicht anders wissen und sich auf all das einlassen, weil das Schlagwort Bindung heute so ein machtvolles ist. Wir stammen aus einer Generation, in der wir unsicher gebunden waren, in der es darum ging uns richtig zu erziehen. Heute wollen wir es anders machen, besser. Und so wird das Thema Bindung schnell mit körperlicher Bindung gleichgesetzt. Und der Hashtag #wearallthebabies suggeriert genau das. Er sagt: Wenn du das tust, wird alles einfacher. Und Mütter tun das. Erschlagt sie nicht mit Worten, wenn sie dann erschöpft sind. Ist es nicht normal, dass Mütter sich genau an solche Ansagen halten? Suchen wir nicht alle mal irgendwo nach einen Strohhalm? Nur reicht ihnen leider keiner ein Getränk dazu und sagt: Mach mal Pause, atme mal durch, denk auch mal an dich.

Nein, keine Sorge, ich weiß schon, Attachment Parenting ist doch aber genau das. Und will doch auch, dass es auch den Müttern gut geht. Aber es tut mir leid, in einer Szene, in der Mütter sich rechtfertigen dafür, dass sie einen Kinderwagen besitzen, in der man mit einem „Was, schon?“ betrachtet wird, weil man das Kind nach dem ersten Geburtstag abstillt, da will ich mich nicht aufhalten und davor kann ich andere Mütter nur warnen.

Was nun richtig ist? Richtig gibt es nicht. Elternsein ist ein stetiges Suchen und Finden der Balance zwischen allen bestehenden Bedürfnissen. Denen der Kinder, unseren, der unserer Partnerinnen, unserer Freunde und Verwandten, unserer Gesellschaft. Es ist ein stetiges Mitschwingen durch alle Veränderungen und Neuerungen im Großwerden der Kinder, im Wachsen und Werden, im Entwickeln und Entdecken. Wir wachsen mit und können nur eines tun: Offen und achtsam bleiben. Und wenn wir spüren, dass die Erschöpfung naht: Anhalten, Route überprüfen und gegebenenfalls neue Wege einschlagen. Auch mal aussteigen und durchatmen. Ohne Kind.

Dieser Beitrag hat 37 Kommentare

  1. Sab

    Genau, an dieser Kreuzung stehe ich auch gerade.
    Ich stille nahezu voll (11 Monate), liege Abends ab 19:00h im Bett zur Einschlafbegleiung, trage das Kind so oft es geht und ich habe es an den Nerven.
    Bin wirklich platt und schlimm genervt. Weiß aber nicht genau, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme. Ich glaube meine 2 Kinder leiden gerade schlimm unter mir, aber am schlimmsten leide ich unter mir.
    Ich weiß gar nicht warum ich das jetzt alles erzähle, musste wohl raus.

    Jedenfalls dank für den Artikel, hab ich sehr gerne gelesen.

    1. buntraum

      Danke fürs Rauslassen. Manchmal ist es genau das, was man braucht. Wenn du doch einmal genauer hinschauen möchtest – meld dich und wir können gemeinsam einen Blick drauf werfen, was dir da raushelfen könnte. Das Leiden muss nicht sein. Liebe Grüße, Nadine

  2. Nicola Schmidt

    Liebe Nadine,

    danke für deine Sichtweise auf die Dinge.

    Aus meiner Sicht gibt es hier ein Missverständnis: Mein Artikel „Attachment Parenting funktioniert nicht“, den du zwei Mal verlinkt hast, bezieht sich nicht darauf, dass AP uns erschöpft zurück lässt, wie du behauptest „die von ihrer tiefen Erschöpfung berichtete…nicht der erste Artikel dieser Art“ . Mein Artikel bezieht sich darauf, dass es keine Garantie für perfekte Kinder gibt. Ich schreibe: „Es gibt keine Garantie. Es gibt keine Knöpfe, die man drücken kann.“

    Wenn ich von den Müttern lese, die du noch verlinkst, kann ich nur sagen:

    Natürlich führt AP bei Perfektionisten und Menschen, die nur schwer eigene Grenzen setzen, zu Problemen. Wie übrigens auch: Fitnesstraining, vegane Ernährung und alles das, womit man sich als Perfektionistin in den Wahnsinn treiben kann.

    Das Problem dabei ist nicht AP. Das Problem ist die Haltung. Und die ist nicht an AP gebunden. Du könntest dasselbe über den Fitness- und Figurwahnsinn, den Karrierestress oder Glutenfreie Ernährung schreiben.

    Es bleibt bei dem, was du am Ende schreibst: „Elternsein ist ein stetiges Suchen und Finden der Balance zwischen allen bestehenden Bedürfnissen.“ Alles andere im Leben übrigens auch. Ich halte es für falsch, die Idee einer gesunden Bindung dafür verantwortlich zu machen. Es kommt darauf an, was wir daraus machen. Und da sind wir möglicherweise gar nicht so weit voneinander entfernt.

    Herzlicher Gruss
    Nicola Schmidt

    1. buntraum

      Liebe Nicola, ja, ich glaube tatsächlich dass wir nicht so weit voneinander entfernt sind. Und es ist gar nicht so sehr AP, was mich stört. Es ist der Umgang der APler mit solchen Artikeln. Auch was du schreibst: Das Problem ist deine Haltung. AP suggeriert das Tragen, das Familienbett etc. Frauen gehen mit, wollen das Beste, sind erschöpft und am Ende sind sie selbst schuld. DAS ärgert mich wirklich. Dann werden sie verlinkt und verrissen. Das macht mich wütend. Und deinen Artikel habe ich als Kritik an dogmatischer AP verstanden und deshalb verlinkt. Weil ich das eben auch verurteile. Herzliche Grüße, Nadine

      1. Isabel Falconer

        Sehr gute Punkte von Euch beiden und ja ich glaube, der Konsens ist eigentlich weitaus größer!

        Und Du, Nicola, hast völlig recht: das Problem ist die Haltung. Oftmals wird aber von Dogmatikern und Ideologen versucht, die eigene Haltung möglichst lautstark und zT aggressiv (subtil, passiv oder ganz offensichtlich) zu verbreiten und viele andere davon zu überzeugen. Ob das jetzt um Fitness, Ernährung oder Kindererziehung geht (und beim Thema Kinder ist die Diskussion einfach unfassbar emotional besetzt und die Diskutanten fühlen sich schnell persönlich angegriffen).

        Leben und leben lassen, oder wie war das? Und zwar in beide Richtungen (Übung macht den Meister ;) )

        Lieben Gruß,
        Isabel

        1. buntraum

          danke! Ich sehe das auch so – Haltung schön und gut. Aber eine entspannte und gelassene, reflektierte Haltung zu erlangen, dazu braucht es viel Auseinandersetzung mit sich selbst, mit den eigenen Erwartungen und Bedürfnissen. Das hat eben nicht jede Mutter einfach parat und eben – die Ideologen und Dogmatiker tun ihr bestes. und genau darum ging es mir auch.

  3. Einer schreit immer

    Was für ein Text! Er wird noch für viel Gesprächsstoff sorgen und ich mag ihn sehr gerne! Was mich stört ist dieser ständig erhobene Zeigefinger. Dieses furchtbare Dogma! Kinder sind keine Wissenschaft, wir sollten uns als Mütter mehr auf das Bauchgefühl verlassen und wieder mehr Leichtigkeit und Humor in die Eltern-Kind-Beziehung bringen. Denn auch der 100erste Ratgeber wird uns nicht lehren wie wir glücklich, humorvoll und zufrieden durchs Leben gehen.

    1. buntraum

      Danke für den Humor, ja, davon fehlt vielen zu viel. Im Bezug auf das Bauchgefühl: Ich glaube, dass das vielen Eltern abhanden kommt mit dem ersten Kind. Bei mir kam das erst mittendrin wieder. Es wird so viel geredet da draußen, wir wollen so vieles unbedingt anders machen als unsere Eltern und wissen aber gar nicht so genau wie. Dann folgen wir so einer Strömung und glauben: That’s it! und hängen uns voll rein. Es ist schwer heutzutage mit dem Internet und all den Ratgebern, glaube ich. Und deshalb find ichs noch schlimmer, wenn Frauen ehrlich auftreten und dafür gepeinigt werden. Darin ist AP leider wirklich gut. Liebe Grüße und ja! Mehr Lachen!!!!

  4. Meike

    Ich nehme mir ein bißchen Popcorn und warte auf den ersten Beitrag ala: „Und wenn wir erschöpft sind, liegt es gar nicht an AP sondern an den Anforderungen, die unsere hochsensiblen Kinder nun mal an uns stellen und das könnt IHR ja niemalsnicht nachvollziehen mit Euren *ANFÄNGERKINDERN*!!!!“

    DANKE :) Ich lachte herzlich ;)

    1. buntraum

      Viel Spaß ! :)

  5. Anna

    Es ist nicht die Art wie wir mit unseren Kindern umgehen, die uns auslaugen. Es ist völlig egal ob man AP macht oder nicht. Tatsache ist, dass Frauen in Deutschland die Kinder alleine groß ziehen und DAS an Grenzen bringt. Egal ob man sein Kind trägt oder Schiebt.Wochen und Monate lang allein? Never! Der Papa der um 19 Uhr aus der Arbeit kommst, ist doch keine Hilfe. Ich selber bin für einen respektvollen Umgang mit meinen Kindern, dazu habe ich aer Familie und einen Parter, die mit mir Brutpflege betreiben. Jeden Tag! Darum schaffe ich es auch meine Kinder in den Schlaf zu stillen, jedem Bedürfnis gerecht zu werden. Ich hab Unterstützung bei 3 Kindern und kann somit zum Sport und auch alleine aufs Klo. Wir brauchen einfach Hilfe bei den Kindern. Ganz egal wie wir erziehen

    1. buntraum

      Da bin ich ganz bei dir. Aber es gibt eben auch die Mütter, die Unterstützung hätten, sie aber nicht nutzen, weil die ihnen nicht „gut genug“ ist, oder die es nicht schaffen, um Hilfe zu bitten. Da muss man auch hinschauen und sich fragen: Was ist da los? Was brauchen die? Ich sage nicht, dass AP da der Grund ist, aber es hilft halt auch nicht zu sagen: Selbst schuld, hättest dich mal mehr um dich gekümmert. Viele Frauen wissen vorher schon nicht, was Selbstachtsamkeit ist, geschweige denn mit Kind. Ich denke das ist ein sehr komplexes Thema.

      1. Anna

        Aber da kann AP nichts dafür, dass Mütter nicht um Hilfe bitte. Das sollte nicht einmal ein „um Hilfe bitten sein“ Es ist einfach nicht artgerecht Kinder allein zu erziehen. Und wenn man keine Familie hat, gibt es Müttergruppen und Nachbarn, Freundinnen oder ein selbst geschaffenes Netzwerk um Hilfe zu bekommen. Es liegt an unserer verkehrten Vorstellung von Mutterschaft und nicht an AP wenn Mütter in Stress geraten.

  6. Susanne

    Es ist eben wie mit allem, was als Dogma rüberkommt und bei denen, die daran glauben, Angst, Schuld und Scham verursacht, wenn nicht alles regelkonform abläuft. Aber es ist ein langer Weg, sich davon zu befreien. Nicht wenige Frauen, die vorher selbstbewusst durchs Leben liefen, sind nach der Geburt eines Kindes verunsichert und suchen Orientierung. Zu sagen „ich schau mal, was für uns am besten passt“, ist eine Haltung, die für viele Frauen – auch für mich – erst nach einem teils schmerzhaften Prozess der Auseinandersetzung mit der eigenen und der Familiensituation möglich wird.

    1. buntraum

      Dem kann ich nichts hinzufügen. Genau so ist es.

  7. Jessica

    Das Problem ist nicht AP, das Problem ist der Druck, den einige sich machen. Perfektionisten mit erhobenen Zeigefinger gibt es überall, das hat rein gar nichts mit AP zu tun. Frag mal die Menschen, die von Schlaftrainings überzeugt sind und unbedingt ihren Senf zu allem geben müssen. Die üben doch ebenso Druck und Verwirrung auf andere Menschen aus und das ist doch das eigentliche Problem: es gibt IMMER jemanden, der meint, alles muss perfekt sein und jeder muss es so machen. Und es gibt immer jemanden, der sich das annimmt und unter diesem Druck vor Erschöpfung fast zusammenbricht.
    Die Frage ist doch, kann man sich abgrenzen?
    Ich erziehe bindungs- und bedürfnisorientiert. Hab ich das Gefühl, perfekt sein zu müssen? Nein, ich gebe mein bestes und für jeden sieht das beste anders aus. Ich konnte und wollte nach 6 Monaten nicht mehr stillen. Deswegen werde ich weder verbannt noch kasteie ich mich selbst. Wäre ich perfektionistisch, hätte ich ALLES gegeben um weiter zu stillen, ich will es schließlich perfekt machen, bloß keinen Schaden anrichten beim Kind, ich wäre über meine Grenze gegangen und darunter zusammengebrochen. Aber so hab ich mir gedacht „so what?“ – schlicht und ergreifend. Ich habe einfühlsam abgestillt, gehalten und getröstet. Aber bestimmt in meiner Entscheidung. Ich darf mich deswegen trotzdem noch wohl fühlen in der „Szene“ und dem angehören. Denn ich achte auf mein Kind auf augenhöhe, genauso wie ich auf mich achte. Alle Bedürfnisse in dieser Familie zählen und dürfen individuell angepasst werden. Mit Respekt, Einfühlungsvermögen und Zeit.
    Und ich erwarte verdammt nochmal nicht (ja, da werde ich etwas wütend bei diesen Erwartungen), dass mein Kind deswegen besonders lieb und unkompliziert ist. Warum wird das immer von Kindern erwartet? Dürfen sie sich nicht ausprobieren? Wenn meine Tochter ihre Grenzen austestet, dann erfreut es mich insgeheim. Klar nervt es und es ist nicht immer leicht. Aber sie hat genug Sicherheit, dass sie weiß, ich bleibe! Ich liebe sie. Sie verscherzt es sich nicht mit mir. Natürlich bleibe ich klar in meiner Haltung und zeige ihr, was geht und was nicht. Aber kann man das nicht einfach mal etwas lockerer sehen? Ich komm da gar nicht drüber hinweg, wie verrückt dieser Gedanke ist. „Warum verhält mein Kind sich so, ich hab doch laut AP alles gemacht?“ WEIL KINDER KEINE MASCHINEN SIND! Weil sie eigene Persönlichkeiten sind. Ihren eigenen Kopf und ihren eigenen Willen. Meine Tochter ist extrem temperamentvoll und teilweise cholerisch. Das ist in ihr drin, sie ist so. Alles was ich tun kann, ist sie zu begleiten, zu Halten und zu unterstützen. Ihr zu zeigen, dass sie gut ist, wie sie ist. Und ich finde AP da ne richtig gute Basis für und es schmerzt wirklich schon fast, wie schlecht der Ansatz wegkommt, aufgrund von perfektionistischer Denkweise.

    Ich sage es am Ende nochmal zusammebgefassr: mit übertriebenem perfektionismus kommt man nicht weit, es ist die innere HALTUNG, das ist entscheidend

    1. buntraum

      das stimmt, aber zu einer entspannteren Haltung zu gelangen, braucht es viel Auseinandersetzung mit sich selbst. Und manchmal geschieht das ganz von allein, dass Mütter am Spielplatz sitzen und sich fragen: Wieso hat die da drüben das alles im Griff und ich nicht? Kinder sind keine Maschinen, das stimmt. Aber wir wünschen uns im Dschungel an Ratgebern insgeheim eben doch, dass es Dinge gibt, die einfach funktionieren. Dass es das nicht gibt, müssen Mütter auch erst begreifen lernen. Und man sollte sie dafür nicht noch verurteilen.

  8. Marie

    Ich bin alleinerziehende Mama von einem Kleinkind und einem Teenie. Ich habe die zweite Schwangerschaft und Stillzeit nahezu allein verbracht. Nebenbei habe ich studiert und gearbeitet und (Oh. Nein, wie schlimm) meine jüngstes mit 8 Monaten in die Kita geben. Ich hatte eine Haushaltshilfe von der Krankenkasse und nehme jede Hilfe an, die ich kriegen kann.

    Meine Kinder haben eine sichere Bindung. Zu mir, zu den Großeltern, zu ihrem Papa(Okay, da hakt es manchmal aber grundsätzlich gesehen).

    Ich hatte keine Babytrage/Tragetuch und liebe den Buggy. Damit kann ich nämlich gleichzeitig einkaufen, spazieren gehen und den Hund ausführen.

    Ich bin manchmal müde und erschöpft und gereizt. Aber das liegt mit Sicherheit nicht an meinen Kindern sondern an den anderen Müttern (und Vätern) die mir immer mal wieder sagen, dass dieser Weg nicht der richtige ist. Dass nur Tragen richtig sei und stillen sowieso.

    Ich finde, dieser Druck, den wir Frauen auf andere Frauen ausüben, ist das schlimmste überhaupt. Anstatt uns gegenseitig zu helfen meckern und verurteilen wir.

    Jede Frau muss die Herausforderungen der Mutterschaft (und auch jeder Vater) selbst lösen – in sich ruhend und zufrieden ist es eindeutig einfacher.

    Schei* drauf, was die anderen sagen. Sieh dein Kind und sieh, wie es dich anschaut. Wie es dich liebt, auch wenn du mal einen Fehler machst.

    1. buntraum

      Klingt, als wärest du sehr reflektiert und sicher in dem, was du tust. Leider gelingt das nicht allen Frauen. Für manche ist genau das eben ein weiter Weg.

  9. Prema

    „Selbst schuld“ sagen ihre Verfechter? Welche denn bitte?
    Ich kenne nur Verfechter, die sagen „Achtet auch auf euch selbst. Vernachlässigt eure Bedürfnisse nicht. Versucht sie in Einklang miteinander zu bringen.“
    Hier liegen viele Missverständnisse vor.
    Schade!

    1. buntraum

      Tja, du kennst die einen, ich kenne die anderen. Aber wenn auf den Zeitartikel geschrieben wird „schlecht geschrieben. Tut mir leid, dass du frustriert bist und keine Unterstützung hast.“ dann sehe ich das als nicht sehr empathisch an, sondern als schlecht gelesen und von oben herumpolternd.

  10. Kathrin

    Mich enttäuscht dieser Artikel – gerade hier, gerade von dir – irgendwie sehr. Und mehr kann ich dazu gerade leider auch nicht sagen :-(

    1. Kathrin

      Ja geht mir genauso.

      😲

    2. buntraum

      Vielleicht weil ich eine Überzeugung angegriffen habe (zumindest deren Anhänger), zu der du sehr stehst? Tut mir leid, aber zu dem Text stehe ich.

  11. Susanne

    Die Frage stellt sich mir gerade, ob man/frau für alles ein Etikett braucht, und nicht einfach sagen kann: ich tue dies und das, weil es für mich und uns persönlich passt und mir und uns gut tut. Dafür braucht’s dann auch kein Missionieren. Und man geht nicht hausieren mit seinen persönlichen Erfahrungen, weil sie eh keine Allgemeingültigkeit besitzen (können).

    1. buntraum

      Es braucht Etikett um zu verbreiten. AP ist eine Strömung und sucht Anhänger. So auch unerzogen, artgerecht oder Pikler. Und wenn man sich einem hingezogen fühlt, dann nutzt man das Etikett. Ist das heutzutage nicht normal? Natürlich ist es besser seinen Weg zu gehen, aber den muss man eben oft erstmal finden!

  12. Rona

    Danke, dass Du den Mut hast, das auszusprechen. Ich empfinde Deinen Artikel als sehr reflektiert und ich sehe auch nicht, dass Du AP oder den AP-Vertreterinnen Schuld in die Schuhe schiebst. Die Überforderung von Müttern durch diverse „Erziehungs-Trends“ hat in meinen Augen ein viel tieferes Fundament, das mit dem grundsätzlichen Frauen- und Mütterbild zusammenhängt. Daher sind Mütter – gerade in Deutschland – besonders anfällig dafür, sich Erziehungsvorgaben so zu drehen, dass sie am Ende in einer Überforderungsschleife landen. Ich finde, es kann nicht genug Texte dazu geben, dass Mütter das Recht dazu haben, es sich gut gehen zu lassen und sich Unterstützung zu suchen. Es wird einfach viel zu oft missverstanden und falsch gedeutet. Nicht von den Spezialistinnen, aber von den Müttern auf der Straße, in Müttergruppen, auf Spielplätzen. Denn: Der Gruppendruck unter Müttern ist hoch.

    1. buntraum

      Danke, dass du mich verstanden hast. und vermutlich ist das ein Grund, warum ich Spielplätze und Eltern-Kind-Cafes so verabscheue, weil da so viel geschaut und verglichen wird. War das schon immer so?

  13. Isabel Falconer

    Stutenbissigkeit, Konkurrenzgehabe und ewige ins nichts führende Diskussionen über Kindererziehung – leider, leider wundert es mich nicht, dass es mit der weiblichen Gleichberechtigung noch geschätzte 100+ Jahre dauert!

    Solange wir uns gegenseitig schön klein halten, anfeinden und abwerten, solange fehlt uns diese Zeit und Energie an der dafür richtigen Stelle: In der Politik! Denn ja: die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen machen es uns Frauen unnötig schwer. Und andererseits liegt es aber (ausschließlich) in unseren Händen, das zu ändern.

    Ein wohlwollender und respektvoller Umgang MITeinander wäre hierzu schon mal ein guter Anfang!

    Vielen Dank für Deinen Artikel, dessen Konsens ich im Grundsatz teile!

    Viele Grüße,
    Isabel

    1. buntraum

      Danke für deine anregenden Worte, das stimmt sehr. Unter Frauen ist der Zickenterror eigentlich in jedem Alter und zu jedem Thema enorm groß. So kommen wir wirklich nicht weiter.

  14. Gisela

    Liebe Nadine.

    Durch Zufall fand ich diesen Block, durch Zufall las ich diesen Eintrag. Und meine Augen weiteten sich, füllten sich mit Tränen. Du hast beschrieben, was mich umtreibt, seitdem meine inzwischen 14 Monate alte Tochter auf der Welt ist und was ich selbst nicht hätte ich Worte fassen können.

    Und ja, ich mache all dies. Ich trug sie, trage sie noch manchmal. Trug sie selbt durch eine monatelange Wochenbettdepression hindurch, versuchte, diese Schuldgefühle wegzutragen. Ich stillte, kämpfte ums Stillen, monatelang. Hatte ein schlechtes Gewissen, wenn es nicht klappte. Hatte ein schlechtes Gewissen, wenn ich meiner Tochter Brei anbot, weil sie manchmal lieber gefüttert werden mochte, als selbst zuzugreifen. Hatte ein schlechtes Gewissen, wenn ich den Kinderwagen nahm, weil meine Rückenschmerzen ein Tragen nicht erlaubten. Diese Liste ließe sich beliebig fortführen. Und nicht erst am Abend, da kommt sie um die Ecke. Diese wahnsinnige Erschöpfung. Die vollendete Ausgelaugtheit.

    Unsere Tage sind ruhiger geworden. Besser. Aber lange, lange noch nicht gut. Und es gibt Tage, da lese ich Artikel und wieder überfällt mich das schlechte Gewissen. Stillen, Stoffwindeln, abhalten, breifrei, tragen… und nichts davon reicht, denn ich habe ein unzufriedenes Kind. Und ich fühle mich wie ein Spielball, der sich von Erziehungsströmungen und-trends hin- und herwerfen lässt. Und kommt doch nirgendwo an.

    Danke. Danke für diese Worte, die dafür sorgten, dass ich noch einmal nachdenken möchte. Und nachspüren und genauer hinhören. Auch auf mich.

    Alles Liebe von Gisela.

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