Sport frei!

IMG_5771Als ich in der ersten Klasse war, hatten wir einen Crosslauf, so ein Wettlauf durch den Wald. Mit uns liefen große Jungen und Mädchen, damit wir den Weg fanden und offensichtlich auch, um uns zu motivieren. Ich flitzte, weit vor mir sah ich meine damals beste Freundin. Der Junge, der mit mir lief, sprach die ganze Zeit von „Komm, das schaffst Du. Die holen wir ein.“ Und ich dachte: „Wovon redet der? Das schaff ich nie, die ist viel zu weit weg. Und warum, ich bin zweite, das ist doch toll!“

Ich wurde zweite und war stolz wie Oskar. Und verstand lange nicht, warum der Junge mich so gestresst hatte.

Ich erinnere mich an ein Sportfest im Gymnasium. Wie jedes Jahr war die gesamte Schule auf dem Sportplatz versammelt. Wir zogen von Station zu Station um für Punkte zu laufen, zu springen, zu werfen. Ich war meist hoch motiviert, wollte die besten Punkte erreichen. Nach wenigen Disziplinen war meine Motivation dahin. Weil ich merkte, dass meine Beine mal wieder unkoordiniert die 100m Strecke gerannt waren, dass sie mir beim Weitsprung nichts halfen, weil ich keine Kraft aufbrachte für einen kräftigen Absprung. Und weil meine Arme zu schwach waren für einen weiten Wurf der Schlagbälle. Kugeln plumpsten träge vor mir zu Boden.

Ich war begeistert vom Leichtathletiksport. Schaute fasziniert die olympischen Spiele und bewunderte die AthletInnen. Ich wollte das auch so gern, so elegant, so sportlich. Doch zum Leichtathletikverein durfte ich nicht. Weil meine Schulsportnoten in den Disziplinen Laufen und Springen zu schlecht waren.

Ich durfte also nicht trainieren, was mich begeisterte und hatte entsprechende Noten im Sportunterricht. Weswegen ich wiederum ja nicht trainieren durfte. Was war das eigentlich für ein irrsinniges System? Wer glaubt, dass ein Wettbewerb mit Noten etwas aussagt über die Fähigkeit eines Menschen, mit Begeisterung und Einsatz etwas zu erreichen?

Die liebe Christine von Mama arbeitet hat eine Petition gestartet. Für die Abschaffung der Bundesjugendspiele in der Form, in der sie noch heute abgehalten werden. Nämlich als Pflichtveranstaltung für alle, zum Messen aller an einer Punkteskala, die sich unmöglich an allen gleich orientieren kann. Für das Vorführen von (Un)Leistungen.

Christine hat heute Geburtstag und ein tolles einfaches Geschenk, dass Ihr ihr machen könnt, ist, dass Ihr diese Petition unterzeichnet. Damit schenkt Ihr Christine Stärkung in ihrem Vorhaben und Euren Kindern die Chance, dass sie solche Veranstaltungen vielleicht nicht mehr erleben müssen. Nicht in der Form.

In der DDR riefen wir zu Beginn der Sportstunde immer „Sport – frei!“ Nur war der Sport ganz und gar nicht frei. Er war bewertet, streng und bestimmt von Punkten und Tabellen.

Sport soll sein. Aber er soll Spaß machen, er soll Freude bereiten, damit er die Wirkung erzielt, die Bewegung erzielen kann. Denn wenn Kinder gequält in die Umkleide gehen, weil sie wissen, dass sie wieder eher gegen den Bock rennen, als darüber zu springen, weil sie die letzten sind, die ihre Runde vollenden, wie eine Fahne auf Halbmast an der Stange hängen und nicht weiter wissen und für all das auch noch schlechte Noten erhalten, dann ist Sport kein Spaß, dann tut diese Bewegung ihnen in ihrem sitzenden Schulalltag ganz und gar nicht gut.

Ich hatte mich dieses Jahr zum Frauenlauf angemeldet. Ich hatte mir eine Zeitvorgabe gesetzt und darauf hin trainiert. Ich bin gestartet und hatte einen wunderbaren Lauf. Es hat Spaß gemacht. Ich habe meine Zeit nicht erreicht, aber das Ziel und dabei großen Spaß. Weil ich es so wollte.

Wettbewerbe dürfen sein. Für die, die Freude daran haben. In der Disziplin, in der sie sich sicher fühlen. Egal ob das Sport ist, Schach oder Chemie.

Hier gehts zu Christines Artikel und Aufruf, die Petition zu unterschreiben

 

Hier geht’s direkt zur Petition

Happy birthday, liebe Christine, Du bist eine wunderbare Frau!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. andrea

    meine unterschrift habt ihr. auch wenn ich neben dem vielen dafür auch widerständiges dazu denke. aber ich finde es definitiv gut, dass das thema ins bewusstsein gerückt wird. danke!

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