„Ich kann schon total gut malen.“ Vom Nichtloben.

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Unlängst fragte mich Herr Klein, warum manche Leute so gut malen können. Zum Beispiel die, die Kinderbücher malen. Ich sagte ihm, dass die einfach sehr gern malen und das sehr viel tun und somit immer besser malen können. Das nahm er einfach so hin.

Herr Klein malt sehr sehr gern. Täglich bringt er einige Bilder mit aus dem Kindergarten. Meistens mit Buntstiften gemalte Szenen. Früher waren das Autorennen, dann kamen Dinosaurier, Ritter auf ihrer Burg, jetzt sind es meist seine Freunde und er beim Geburtstag feiern, unterwegs auf dem Weg zur Oma nach Deutschland oder wie heute beim Angeln. Sie scheinen ihre gesamte Phantasie zu „vermalen“. Und ich liebe seine Bilder und die ausführlichen Erzählungen dazu. Unendlich.

Heute saß er und betrachtete seine Bilder am Boden vor der Wohnungstür. Dann kam er zu mir herein und sagte: „Mama, weißt Du was ich heute festgestellt habe? Ich kann schon total gut malen.“ Ich hätte ihn knutschen können und habe gesagt: „Ja, das finde ich auch. Ich mag Deine Bilder sehr.“

Wir haben Herrn Klein nie sonderlich gelobt. Lob war für uns immer unnötig, egal ob beim Malen oder Spielen oder sonstigen Aktivitäten. Stattdessen habe ich immer versucht zu sehen, was er mir gerade zeigen will. Seine Bilder interessieren mich generell, klar finde ich manche schöner als andere. Doch meistens sage ich ihm nur, wenn ich eins wieder besonders mag, wenn mir eine Szene so gut gefällt oder seine unzähligen Ideen und Details. Ich möchte mit ihm seine Freude genießen. Und freu mich, dass er etwas gefunden hat, das er wirklich gern tut und in dem er sehr aufgeht.

Er fragt mich nie, ob mir ein Bild gut gefällt, ob ich etwas schön finde. Er bringt sie und gibt sie mir, wir schauen sie uns meist an, weil ich wissen will, was drin steckt, weil ich seine Phantasie so großartig finde. Er erzählt ganz natürlich was er wo gemalt hat, auch das, was ich nicht gleich erkenne. Wir lachen und besprechen. Daheim sammle ich seine Bilder. Manche möchte er gern an die Tür hängen, das tut er dann. Die anderen hebe ich auf und regelmässig binde ich die bedeutendsten und schönsten, meist eh fast alle, zu kleinen Büchern zusammen. Die findet er toll und schaut sie sich von Zeit zu Zeit immer wieder an.

Ich wünsche mir, dass er sich diesen natürlichen Zugang zum Malen erhält. Dass er weiter mit Leichtigkeit und Freude drauf los malt, nicht lange überlegt und einfach tut. Und dass er mittlerweile verstanden hat, dass andere besser malen, weil sie einfach schön älter sind, schon länger malen und ganz anders malen. Auf jeden Fall braucht es kein Lob um seine natürliche Motivation zum Malen zu erhalten. Es braucht einfach seinen inneren Antrieb, seine Freude am Tun. Und so ist das auch bei anderen Aktivitäten. Wenn sie von innen heraus kommen mit Begeisterung, dann reicht es, wenn wir uns mit den Kindern freuen.

Frau Klein fährt seit Herr Klein Geburtstag hatte und einen Roller bekam leidenschaftlich gern Roller. Anfangs zögerlich, mittlerweile schon rasant und sehr ausbalanciert. Sie strahlt dabei von einem Ohr zum anderen. Sie ist selig und wenn ich sei so sehe, dann kann ich sie nur anlachen und mich mit ihr freuen. „Du liebst das Rollerfahren, gell?“ Und sie nickt und strahlt. Es braucht kein Bravo, kein Toll oder Super.

Ich genieße diese Momente sehr, denn auch ich freue mich, wenn der Liepste sich mit mir freut über Dinge, die mir große Freude bereiten und die ich gern und gut mache. Zu lange hat mich das Streben nach Lob und Anerkennung in meinem Leben behindert und tut es heute noch teilweise. Weil ich Dinge tat nur der Anerkennung wegen, weil ich mich verbog oder zerknirscht war, wenn das erwartete Lob ausblieb. Streicht Lob und teilt Freude. Sie verdoppelt sich automatisch und wirkt genauso euphorisierend.

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