Erkenntnisse der Woche – Mama wird’s schon richten

20140914-230808-83288232.jpg Im Urlaub war ich ja bei dem Vortrag von Janet Lansbury zum Thema Gefühle und die emotionale Gesundheit unserer Kinder. An anderer Stelle werde ich sicher noch ausführlich davon berichten, doch ein kleiner Gedanke, eine Erkenntnis aus diesem Vortrag, ist mir in den letzten Tagen wieder besonders aufgefallen.

Wenn unsere Kinder sich um etwas bemühen, wo hinaufklettern, wo sie ums Haar nicht rauf kommen, ein Spielzeug erreichen, die Hose anziehen, einen Knopf zumachen, eine schwere Tür öffnen… Sind wir Eltern viel zu oft viel zu schnell zur Stelle. Schnell schieben wir von unten an, reichen das Spielzeug, ziehen den Reißverschluss…

Frau Klein und ich haben heute Abend ein Buch angeschaut. Sie hielt es verkehrtherum. Während ich überlegte, ob ich es nun umdrehen soll oder nicht und dabei aber sah, dass sie dennoch Spaß hatte und dennoch Katze, Hund und Haus erkannte, nahm sie auf einmal das Buch und drehte es herum. Hätte ich das für sie getan, hätte ich unnötig eingegriffen.

Herr Klein besteht darauf sein Fahrrad selbst abzuschnallen, aus dem Ständer zu ziehen und seinen Helm selbst aufzusetzen. Da sein Rad oft eingekeilt ist, ist das oft schwierig für ihn. An schlechten Tagen kreischt er, an guten Tagen bittet er um Hilfe. Niemals lâsst er zu, dass ich das von vornherein für ihn hole. Auch wenn ich rechts und links Räder stehen und das Chaos kommen sehe.

Zum Glück zeigen mir meine Kinder meist recht deutlich, wenn sie etwas allein schaffen wollen. Aber viel zu oft bin ich einfach zu schnell zur Stelle und richte ihnen ihr „Unvermögen“. Also das, was ich als solches wahrnehme. Warum tue ich das?
Nun, die bittere Erkenntnis ist, dass ich das tue, weil ich ihre Frustration nicht aushalte. Ihr Gezeter und Gekreische, wenn etwas nicht sofort gelingt. Es ist mir zu laut, es nervt mich schnell und ich möchte, dass es aufhört. Aber ist das Grund genug, gleich wortlos einzugreifen und zu richten? Natürlich nicht. Ein „Das geht wirklich schwer.“ Oder „Du willst unbedingt da hinauf.“ Reicht erstmal, um zu zeigen: Ich sehe Dich und ich nehme wahr, dass etwas ist. Ohne vorwegzunehmen, was los ist.
„Brauchst Du Hilfe?“ ist dann die Frage der Wahl, wenn das Kind wirklich nicht weiterkommt. Weil sie suggeriert, dass ich erkenne, dass etwas los ist, aber nicht gleich ein „Komm, das kannst Du eh nicht, ich mach das schnell für Dich.“ drüberstülpt.

Aber warum soll mein Kind frustriert sein?
Die Frage kommt oft. Zu recht. Denn mein Kind soll nicht frustriert allein vor etwas sitzen und nicht weiterkommen. Aber bevor ich eingreife kann ich beobachten und erkennen, was wirklich ist. Ich kann wahrnehmen und in Worte fassen, was ich sehe. Meinem Kind Begriffe, Sätze dafür geben. Ich kann Hilfe anbieten, statt gleich alles zu übernehmen. Und ich kann meinem Kind so die Zeit und Möglichkeit geben, eigene Wege aus dem Frust zu entdecken. Denn Frust begleitet uns unser ganzes Leben. Ob wir wollen oder nicht, es wird immer schwierige, knifflige und unmögliche Situationen geben. Und Mama wird nicht immer vor Ort sein, um zu helfen und zu richten.

Ich werde mich also noch öfter in die Finger beißen, werde noch öfter abwarten und beobachten. (und das Schimpfen und Kreischen ertragen) Weil ich so auch sehe, was meine Kinder vielleicht doch schon schaffen, wenn ich nur Ruhe und Geduld habe, es ihnen zuzutrauen. Die Frustration. Und die Fähigkeit.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Ja, es ist manchmal einfacher für uns (und Zeit und nervenschonender) einzugreifen, ich muss mir auch so oft auf die Zunge beißen!
    Aber es lohnt sich auch so oft. Wie stolz und glücklich sie doch sind, wenn es klappt.
    Freue mich schon auf Deinen Post wie es bei Janet war, bin schon sehr gespannt!
    Lieben Gruß
    Tanja

  2. Micha

    In diese Falle tappe ich auch öfter. Danke fürs Erinnern!
    LG, Micha

  3. Silke

    Erwischt. Wobei ich mir imaginär bei dem Satz „Brauchst Du Hilfe“, auf die Schultern geklopft habe, denn das frage ich tatsächlich sehr häufig. Aber auch meine Tochter (2,5) erträgt es gar nicht, wenn man ihr bei Dingen hilft, die sie alleine machen will. Sie wehrt sich bei jeglicher Hilfe mit einem lautstarken „ALLEINE!“ :)

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