Das hab ich schon probiert, das funktioniert nicht

IMG_5802Immer wieder erhalte ich neben Dank und positivem Feedback für meine Posts oder meine Beratungen, dass Eltern genau das, was ich rate, anzweifle oder sagen: „Das mach ich ja so. Aber es bringt nichts.“ Es hilft nicht. Es funktioniert nicht. Sie geben auf und hoffen auf weitere Ratschläge. 

Aber Elternsein funktioniert eben nicht so. Es funktioniert nicht über Funktionen, die man drückt wie Knöpfe und woraus dann kleine Ergebnisse heraus hüpfen. Elternsein ist mehr und es ist vor allem eines: authentisch. Ich kann nichts probieren, was ich innerlich anzweifle. Ich kann mein Kind nicht hinlegen und die Tür schließen, wenn ich dabei befürchte, es würde sich allein fühlen und furchtbar leiden. Diese Unsicherheit spürt mein Kind und dann reagiert es entsprechend darauf.

Bei Frau Klein war ich etwas „gewagter“. Ich wusste, dass ich Kindern mehr zutrauen konnte, als ich ahnte. Ich legte sie in ihr Bett und verließ das Zimmer. Ich vertraute darauf, dass sie sich melden würde, wenn sie noch etwas von mir bräuchte. Ansonsten wollte ich sie einfach und in Ruhe sich selbst und ihrer Müdigkeit überlassen. Letztendlich war das Schlafzimmer damals das Zimmer am weitesten weg vom Geschehen, das einzige, wo sie wirklich in Ruhe sein konnte. Als ich das nächste Mal nach ihr sah, schlief sie tief und fest und zufrieden in ihrem Bett.

Ich kann das nun anderen Eltern erzählen und empfehlen. Aber wenn sie der Meinung sind, dass das doch radikal sei, dass das Kind doch dann einsam wäre und sie dem Bedürfnis nach Nähe nicht gerecht werden würden, so wird ihr Kind auch nicht zufrieden einschlafen können. Und sich wieder melden.

Das gleiche gilt für die Kommunikation mit dem Kind. Ich kann sagen „Ich möchte Dich jetzt wickeln, komm bitte.“ und ich kann sagen „Ich möchte Dich jetzt wickeln, komm bitte.“ Und das Kind kommt, oder kommt nicht. Es kommt, wenn es dazu das Gefühl vermittelt bekommt, dass die Mutter ihm zutraut, dass es den Satz versteht und ihn befolgen wird. Wenn die Mutter jedoch gerade in einem Gesprächsabend, in einer Beratung war oder ein Buch über die Kommunikation mit Kindern gelesen hat, und diese Klarheit ausprobieren will, dann wird das Kind vermutlich nicht kommen. Weil die Mutter hier eine Methode anwendet. Aber die eigentliche Haltung dahinter nicht verinnerlicht hat. Sie ist nicht authentisch und sie traut dem Kind nicht wirklich zu, dass es sie versteht und kooperieren will.

Überhaupt gehört das kleine Wörtchen „probieren“ aus dem Elternvokabular gestrichen. Wenn ich etwas probiere, dann tue ich das halbherzig. Es steckt noch ein kleiner Zweifel darin, es ist eher ein Austesten. Ein eventuell und wenn nicht, dann… Aber genau so funktionieren unsere Kinder dann nicht. Was sie von uns wollen ist eine Klarheit, die nicht nur in ihren Worten eindeutig und direkt ist, sondern die das Gesagte in der Haltung dahinter verankert hat.

Auf meinen Post „Empathie und Klarheit“ habe ich damals die Fragen bekommen, was man denn nun hätte sagen sollen, statt dem, was ich gesagt habe. und die einfache Antwort lautet: Nichts, ich hätte es nur a) nicht so genervt sagen dürfen und b) daran glauben dürfen, dass er reagieren wird. Ich habe aber damals noch in meiner Überempathie seine Empfindungen geäußert, statt klar zu sagen, was ich von ihm will und dabei nicht wirklich daran geglaubt, dass „es funktionieren“ wird. Ich habe etwas ausprobiert, was ich zuvor in Kursen gehört hatte. Was ich zwar verstanden hatte und logisch fand, was ich eine wundervolle Art zu kommunizieren fand, aber was sich in meiner Haltung noch nicht wiedergefunden hatte. Hinzu kommt, dass ich sein Gejammer nur schwer ausgehalten hab und ungeduldig war.

Ich kann auch zu Herrn Klein sagen: „Ich will nicht, dass Du das ganze Spielzeug in den Pool kippst.“ Er tut es dennoch. Denn zum einen, weiß ich noch nicht, ob und warum mich das stört. Und zum anderen glaube ich fest daran, dass er es dennoch tun wird. Und schon liegt das ganze Spielzeug im Pool.

Wenn Euch also jemand sagt, dass Kinder kooperieren wollen, dann dürft ihr das ruhig glauben. Ihnen fehlen oft nur Eltern, die ihre Erwartungen, Wünsche und Bitten unklar, unsicher oder „mal zum Test um zu sehen ob das so funktioniert“ äußern.

Was sind die Situationen, in denen Ihr ansteht? Wann habt Ihr das Gefühl, klar zu sein und Eure Kinder reagieren dennoch nicht so, wie Ihr es wünscht? Gern gehe ich in den Kommentaren darauf ein. 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Vera Rosenauer

    ja, diese Antwort bei Beratungen oder in Workshops kenne ich auch sehr gut ;-)
    Da gebe ich Dir 100%ig recht, dass ganz viel die elterliche Klarheit ausmacht und unsere Kinder lehren uns mit ihrem „Nicht-Funktionieren“ ja auch ganz viel über uns selbst!
    Liebe Grüße, Vera

  2. Meeresrauschen

    Ah, prima! Ich weiß auch oft nicht, warum ich etwas nicht möchte. Oder überlege ob ich das eigentlich wirklich doof finde. Auch wenn ich weiß, dass es dann nicht „funktioniert“, sage ich solche Dinge. Ich funktioniere eben auch nicht auf Knopfdruck.
    Vielen Dank und viele Grüße,
    Kathrin

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