Am Samstag war ich mit dem Liepsten aus. Nur wir zwei und Oma bei den Kindern. Unser neues Monatsdate. Wir spazierten gemütlich durch den Bezirk und kehrten in einem Lokal ein, in dem auch unser Vorelternwir gern eingekehrt wäre. In dem ich womöglich als Studentin gern gearbeitet hätte, weil es dem so ähnlich ist, in dem ich als Studentin gearbeitet habe. Wir saßen in diesem Lokal an einem alten Holztisch und plauderten und schauten uns an und genossen den Abend. Und irgendwann wurden wir müde und beschlossen zu gehen.
Und ich dachte kurz: Wenn wir keine Kinder hätten, dann würden wir nicht jetzt schon müde aufbrechen. Dann würden wir noch ein zwei oder einige Gläser irgendetwas trinken. Vielleicht würden wir noch andere Freunde treffen und der Abend könnte lang werden. Am Heimweg gingen wir an anderen Lokalen vorbei und ich dachte: Wenn wir keine Kinder hätten, dann würden wir da jetzt spontan noch hier oder dort einkehren. Und wir würden spät nach Hause kommen und morgens laaaange ausschlafen. Wir würden den Sonntag gemütlich und faul verbringen. In Ruhe frühstücken und reden, ohne unterbrochen zu werden. Wir könnten einfach Schokolade essen ohne dass jemand kommt und fragt: „Was hast Du da im Muuuund?“
Am Sonntag weckten die Kinder uns wie auch sonst in aller Früh. Für einen Moment dachte ich verschlafen: Wenn wir keine Kinder hätten…
Aber wenn wir keine Kinder hätten, dann wäre unser Leben nur halb. Oder viertel.
Dann wüssten wir nicht, wie es ist von einer Minute auf die andere ein winziges Wesen in der Hand zu halten, das eben noch den Bauch ausstülpte und wie aus dem Häuschen man darüber sein kann.
Dann wüsste ich nicht, wie ansteckend Kinderlachen sein kann. Und Weinen erst. Ich wüsste nicht, wie sehr man sich in banalen Niedlichkeiten verlieren kann. Und wie viele Stunden man die verschiedensten Arten von Ausscheidungen googeln und analysieren kann.
Ich würde die unfassbaren Sorgen nicht kennen, die wohl nur unsere Kinder in uns brodeln lassen können.
Ich wüsste nicht, wie nahe unfassbare Wut und innigste Liebe beieinander sein können.
Ich würde mich selbst viel weniger kennen, weil ich keine kleinen wandelnden Spiegel täglich um mich herumhüpfen hätte.
Ich hätte ja keine Ahnung wie schwer es ist, für verschiedenste Situationen die genauen und richtigen Vorgehensweisen, Lösungen und Ansätze zu kennen aber im Alltag zum Kuckuck noch einmal diese nicht umgesetzt zu bekommen.
Wenn ich keine Kinder hätte, hätte ich nicht 4x im Jahr Geburtstag. Weil jeder Kindergeburtstag so aufregend ist wie der eigene. Oder noch dreimal mehr.
Dann würde ich viel zu selten auf Schaukeln sitzen und hoch hinauf fliegend in den Himmel staunen.
Und vermutlich würde ich auch nicht mehr schlafen, nur eben auf andere Uhrzeiten verteilt.
Ich würde ja niemandem glauben wie unfassbar schmerzhaft ein so winzikleines Futzelchen Lego sein kann.
Wenn ich keine Kinder hätte, würde ich für mich ganz persönlich mich vermutlich ständig fragen, wie es wohl wäre Kinder zu haben. Ich möchte das Leben mit Kindern nicht missen. Möchte die vermeintlichen Einbußen, die eventuellen Freiheiten niemals eintauschen. Denn die kommen wieder. Auf andere Art und anders wertvoll. Aber jetzt hier darf all das Priorität haben, was sich da schnupfnasig, schulanfangsverwirrt, singentanzenträumend und freudig quiekend um mich herum tümmelt. Nachts in meinem Bett. Morgens auf meinem verschlafenen Kopf und am Nachmittag müde auf meinem Rücken.
Nur hin und wieder werde ich mit dem Liepsten fortgehen und wir werden so tun als hätten wir keine Kinder und wären nur wir zwei. Und das ist auch gut so, denn nur so sind und bleiben wir die Eltern, die unsere drei Nasen hier täglich erleben.
Was vermisst Ihr manchmal aus Eurem Vorelternsein? Was würdet Ihr vermutlich jetzt tun, wenn Ihr keine Kinder hättet?
Das ist eine interessante Frage. Ich war vor meinen Kindern weder Partygängering noch Vielreiserin und habe schon immer von einem Leben mit Kindern geträumt. Manchmal vermisse ich die Selbstbestimmung. Nicht den Tag einem fremdbestimmten Rhythmus unterwerfen (Schule, Kinder, Notwendigkeiten). Mittlerweile geniesse ich jedoch, mir den Rahmen wieder etwas größer zu stecken, mir wieder mehr Freiheiten zuzugestehen, weil die Kinder einfach älter und selbständiger werden. Das ist sehr wohltuend.