Seit Jänner habe ich drei Spielraumgruppen nach Emmi Pikler geleitet. Habe ich Eltern im Beobachten ihrer Kinder beruhigt, unterstützt, begleitet. Habe ich Kinder leise schauen, fallen, lachen, weinen, entdecken, staunen, spielen und wachsen gesehen. Und mich selbst immer wieder aufs neue verzaubern lassen.
Ich erinnere mich noch an meine ersten Spielräume vor 2 Jahren, als ich gerade frisch angefangen hatte, schwanger mit Miniklein war und obwohl vorfreudig dennoch unsicher war. Jeden Dienstag ging ich mit mulmigem Gefühl in den Spielraum, war mir nicht sicher, ob ich gut genug wäre, ob ich alles „richtig“ machen würde, ob die Eltern sich wohlfühlten, die Kinder das erlebten, was ich mir vorgestellt hatte. Irgendwie erleichtert ging ich dann in die Babypause. Dennoch fing ich nun von Neuem an. Etwas stärker. Etwas gewachsener. Doch nicht weniger unsicher. Die Pause war lang. Die Pikler Grundausbildung lag nun noch weiter hinter mir. Und die Hormone waren auch noch nicht alle wieder im Lot. Miniklein war ja nun kaum ein Jahr alt.
Letzte Woche habe ich zum letzten Mal vor dem Sommer die Matten verräumt, das Labyrinth im Keller verstaut, die Decken in den Schrank gefaltet, die Tür hinter mir geschlossen. und ich spürte eine Vorfreude auf den Sommer, aber auch auf den Neustart im Herbst. Ich spürte, dass ich gewachsen war, dass ich sicherer war in dem, was ich tat, dass ich gelernt hatte und um einige Erfahrungen reicher geworden war.
Die Tatsache, dass sich die frühe Gruppe von Jänner bis Juni fast komplett durchzog, dass fast alle immer weiter buchten, gab mir die Sicherheit, dass sie sich wohl fühlten. Jeden Dienstag kamen sie gern, die Kinder erkundeten von Mal zu Mal schneller den Raum, kannten sich aus, strahlten mich an, kamen mehr in spielerischen Kontakt untereinander.
Wo ich mich anfangs immer wieder ertappte beim Gedanken „Es ist so ruhig hier, niemand sagt etwas, ob das für die Eltern nicht komisch ist?“ – was ein ziemlich blöder Gedanke war, denn genau darum ging es ja im Spielraum nach Emmi Pikler – so spürte ich am Ende genau darin die Erleichterung, die Freude. Sowohl auf meiner Seite, als auch auf der der Eltern. Als ein Vater einmal kam mit seinem Sohn, sich setzte und sagte „So, und wie ich höre fängt jetzt die Entspannung an.“ da lächelte ich zufrieden. Offensichtlich hatte seine Frau ihm das so positiv vermittelt. Alles war gut.
Den Fragen, die im Spielraum auftauchten – von „Was tue ich, wenn die Situation (das Wegnehmen von Spielsachen) auf dem Spielplatz passiert, wo andere Mütter nicht so entspannt sind?“ bis hin zu „Wie gehe ich damit um, dass meine Schwiegermutter alles anders macht als ich?“ – konnte ich im Laufe der Zeit immer souveräner und sicherer beantworten. Ich spürte das Wissen in mir gepaart mit der Erfahrung meiner eigenen drei Kinder klar und fest in mir sitzen. Ein Halt, den ich vor zwei Jahren noch nicht hatte.
Auch die Frage nach dem richtig oder falsch habe ich hinter mir lassen können. Jeder Spielraum – auch wenn er an die Ideen Emmi Piklers, obwohl man richtigerweise Magda Gerbers sagen müsste, denn sie hat den Spielraum ursprünglich entwickelt und Emmi Pikler hat die Idee übernommen – ist anders und individuell von der Leiterin geführt und das soll auch so sein. Ich denke, wenn keine persönliche Note darin steckt, dann ist es ein Konzept. Ich möchte aber individuelle Arbeit leisten und den ganz eigenen Bedürfnissen der Eltern und Kinder begegnen.
Spannend fand ich immer wieder aufs Neue die Individualität der Kinder. Wie unterschiedlich sie liegen, krabbeln, sitzen, aufstehen, gehen, stehen, lachen und weinen. Wie unterschiedlich sie die Materialien verwenden. Das zeigt mir auch wieder, wieviel wertvoller am Anfang offene und freie Materialien sind statt den didaktischen Spielsachen mit pädagogischem Hintergrund. Kinder wollen ausprobieren und testen, erforschen und entdecken. Im Spielraum ist genau das möglich. Faszinierend fand ich, wenn Miniklein, der beim Aufbauen und Herrichten oft noch bei mir war, so ganz anders mit den Materialien spielte als alle Spielraumkinder. Wenn er ganz anderes entdeckte.
Die größte Erkenntnis für die Eltern war wohl: „Wow, wie vertieft und selig mein Kind spielen kann. Zu Hause tut er das nie! Da hängt er ständig an mir.“ Die klare Antwort darauf ist natürlich: Hier bist du voll und ganz da. Kein Haushalt, kein Handy, kein Laptop, kein „eigentlich würde ich jetzt lieber“, kein „ja gleich.“ Auch wenn du im Spielraum als Mutter scheinbar nichts tust, „nur“ auf deinem Platz sitzt und schaust, nicht mit dem Kind spielst, sondern es einfach beobachtest, so tust du sehr sehr viel: Du gibst Halt, Sicherheit und das Gefühl: ich sehe dich. Ich interessiere mich für dich. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Und die Kinder spüren das. Und brauchen genau das. Deshalb sind sie hier voll und ganz hier. Und können loslassen und frei spielen.
Ich denke, dass mir dieses halbe Jahr im Spielraum in meiner Rolle als Spielraumleiterin ganz gut gelungen ist. Offene Fragen gibt es für mich immer wieder, auch was das Thema Stürze und Hilfestellung der Eltern im Spielraum angeht. Da bin ich oft noch etwas unsicher. Aber deshalb vernetze ich mich nun auch mit den regionalen Spielraumleiterinnen hier in und um Wien, um solche Fragen zu besprechen und einfach um hilfreichen Austausch zu haben.
Es ist jedenfalls ein wunderbares Gefühl sagen zu können: Ich liebe meine Arbeit. Jetzt freue ich mich auf den Sommer und dann auf neue Gruppen im Herbst. Die Termine stehen nun fest und die Anmeldungen sind schon möglich. Es gibt auch wieder zwei Schnupperstunden. Ich freue mich jedenfalls sehr auf neue Eltern und Kinder!
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