Räum Dein Zimmer auf!

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Ich habe es als Kind gehasst. Aufräumen. Jeden Samstag ist meine Mama mit Staubsauger und Wischfetzen durch die Wohnung getobt und hat sauber gemacht und aufgeräumt. Das fing schon morgens an, mittags standen die Müllsäcke parat, die wir runterbringen sollten. Und wir sollten gefälligst mitmachen in unserem Zimmer. Und ich habe mich immer gefragt, warum es sie so stört, wenn unser Zimmer verwüstet ist. Warum sie nicht einfach die Tür zu macht und es ignoriert?

Trotz allem ist aus mir ein ordnungsliebender Mensch geworden. Ich brauche Ordnung für mein seelisches Wohlbefinden. Der Satz: „Lass den Haushalt Haushalt sein.“ bewirkt bei mir erst recht Magenschmerzen. Ich habs gern ruhig und sauber um mich herum, auch wenn mein Standard dabei noch weit unter dem von meiner Mama damals liegt.

Nun habe ich drei Kinder und sehe diese verwüsteten Kinderzimmer von der anderen Perspektive. Und ich gebe zu – es ist nicht leicht. Aber ich halte mich an meinen Vorsatz und: ich mache meist einfach die Tür zu. Aber natürlich ist das keine langfristige Lösung. Denn hin und wieder muss hier und da ein Staubsauger durch, müssen Gefahrenzonen freigemacht werden, muss einfach mal wieder Ordnung her. Denn: Wo Ordnung ist, da spielen die Kinder auch wieder zufriedener und vertiefter.

Wie aber bringe ich meine Kinder dazu, dass sie aufräumen? Das Thema schein ein Dauerbrenner unter Eltern zu sein und bringt viele zum Verzweifeln. Ich habe da eine Strategie entwickelt, die gut aufzugehen scheint, weshalb ich sie mit Euch teile.

In den Kleinkindjahren räum(t)e meistens ich auf. Allein. Dann, wenn ich es für wichtig hielt. Meistens jedenfalls abends, wenn die Kinder schliefen, um mir mein Wohnzimmer zurückzuerobern. Manchmal auch tagsüber zwischendurch, wenn es ganz schlimm war. Ich habe die Kinder dabei nie wirklich einbezogen, sondern das immer getan, weil es mein Bedürfnis war und ich damit zufriedener war. Ich habe mich aber auch fast nie vor den Kindern beschwert, dass ich schon wieder aufräumen muss. Klar habe ich mal gestöhnt dabei, gesagt „Na hier schaut’s schon wieder aus hey.“ Aber es war meins. Mein Thema. Mein Bedürfnis.

Je älter die Kinder wurden, vor allem, als dann das geliebte Lego Einzug hielt, begannen wir, die Kinder zu bitten, dass sie beim Aufräumen helfen. Es blieb aber bei einer Bitte. „Komm, wir räumen das mal alles auf hier.“ Dann wurde manchmal geholfen, manchmal nicht. Manchmal ein bisschen, bis die Lust daran verflogen war. Oft habe ich auch nur klare Aufträge erteilt: „Kannst Du die Autos in die Kiste hier räumen?“ Damit konnten sie etwas anfangen, manchen Kindern macht das sogar Spaß, Miniklein zum Beispiel. Frau Klein war jahrelang totale Aufräumgegnerin. Natürlich hat der Große da geschimpft „Ich muss aufräumen und sie nicht!“ Da hab ich ihm dann erklärt, dass er in dem Alter auch nix aufgeräumt hat. Wichtig war mir dabei, dass ich ihnen helfe und nicht einfach nur sage: „Los, räum auf!“

Alle zwei Wochen kommt die Putzfrau zu uns. Die Kinder wissen, was das bedeutet: Die Zimmer müssen aufgeräumt werden. Alles muss vom Boden weg. Mittlerweile reicht diese Ankündigung, und sie ziehen (manchmal missmutig) davon und räumen auf. Gestern stand dem großen Le schon ein bisschen der Schock im Gesicht. Sein Zimmer war eine reine Legobombe. Explodiert versteht sich. „Mom, kannst Du mir helfen?“ rief er leicht verzweifelt. Also ging ich zu ihm und half ihm sein Lego in Kisten zu sortieren. Frau Klein kam hinterher. „Ui, der Schreibtisch sieht aber auch wüst aus“, stellte sie fest. „Kannst ihn ja aufräumen“, schlug er vor. Und das tat sie dann. Freudigst. Dabei unterhielten wir uns alle drei. Miniklein war schon im Bett. Und wir hatten einfach eine richtig gute Zeit. Beim Aufräumen.

Wenn wir den Stress und das Genervtsein vom Aufräumen nehmen, dann kann das eine ganz gewöhnliche alltägliche Beschäftigung werden. Ich erkläre den Kindern immer wieder, dass ich eine gewisse Ordnung brauche. Für mein Wohlbefinden. Dass mir das wichtig ist. Und nicht, dass sie irgendwas sollen. Und auch nicht, dass ihre Unordnung katastrophal wäre. Ich erinnere mich da gern an meine Kindheit, in der diese Ordnungsliebe auch noch nicht so gegeben war.

Wir hängen gern anderen unsere Erwartungen um und meinen, das gehöre zur Erziehung. Dabei gibt es genug Leute, die im Chaos und in der Unordnung glücklich sein können. Auch wenn ich mir das nicht vorstellen kann – das gibt es und es bringt nichts, mit diesen darüber zu streiten. Das wäre ja, als würde ich über den Geschmack von Limonade streiten wollen.

Wichtig ist meiner Meinung nach auch die Haltung, mit der ich aufräume. Wenn ich dabei nur fluche und ächze, weil das so anstrengend und nervig ist und weil schon wieder „alle alles liegen gelassen haben“, dann bekommen die Kinder das Gefühl, dass Aufräumen etwas furchtbar anstrengendes und lästiges ist. Meine Mama hatte früher nie wirklich einen zufriedenen Gesichtsausdruck, schien eher wirklich genervt davon. Sie hat aber auch nie gebeten, dass wir ihr helfen, sondern nur entnervt verlangt, dass wir etwas tun. Und das ist ein entscheidender Unterschied, finde ich.

Und viel wichtiger für eine gewisse Grundordnung ist, dass überhaupt gar nicht erst zu viel Zeug rumfliegt. Dass wir gar nicht so viel Kram besitzen. Da fängt das Thema ja an. Ich miste immer wieder aus (leidenschaftlich gern), räume Dinge weg oder gebe sie ganz raus. Je weniger grundlegend da ist, umso einfacher und schneller ist die Wohnung aufgeräumt. Dazu muss jedes Ding seinen Platz haben. Wenn ich weiß, was wo hingehört, kann ich leichter aufräumen und auch die Kinder leichter bitten, dass sie das mal wegräumen. Apropos bitten. Das hilft auch immer wieder sehr – die Art und Weise, wie wir auf die Unordnung hinweisen. Der große Le zieht seine Schuhe gern mitten im Gang aus, die Schultasche so drapiert, dass ich unweigerlich Hürdenlauf trainieren könnte. Wenn ich wollte. Kann ich mich maßlos drüber aufregen. Kann ich aber auch sagen: „Schau mal, das is total im Weg. Kannst du das bitte da hinstellen, wo es hingehört?“ Manchmal muss er selbst kichern darüber, wie sehr das im Weg liegt. Manchmal denkt er dann dran. Dann wieder nicht. Und ja, irgendwie kenn ich auch das von mir früher. Und irgendwann hat sich das verwachsen. So wie das Schlafverhalten, die Essgewohnheiten und alles andere auch.

Wir werden noch genug diskutieren mit unseren Kindern. Darüber, was sie im Haushalt mithelfen, wann sie daheim sein sollen, wie viel sie am Handy hängen dürfen und so vieles, an das ich noch nicht zu denken wage. Warum soll ich mir bei einem Thema, von dem ich weiß, dass es Kinder und Jugendliche weniger interessiert als Erwachsene, aber nicht lebensnotwendig ist, Stress machen?

Wie läuft das Aufräumen bei Euch zu Hause? Ich würd ur gern davon hören, weil es mich fasziniert wie sehr das Thema für Stress sorgt in vielen Familien.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Karin

    Ja, das liebe Thema Aufräumen… Ich finde deine entspannte Haltung gut und sie scheint ja bei euch auch gut zu funktionieren. Da du fragst, wie es bei anderen läuft, verlinke ich hier mal einen etwas älteren Artikel, wie ich immer vorgegangen bin, als unsere Tochter noch kleiner war: https://www.mamagie.de/2014/11/03/wie-kleine-kinder-freiwillig-aufraeumen/ Im Prinzip hat sich von der Grundhaltung her nicht so viel geändert. Auf die Sauberkeit positiv wirkt sich aus, dass sie nicht mehr so viel auf dem Boden spielt, so dass dieser schon mal häufig gar nicht freigeräumt werden muss. ;-) Auch wenn ich die erwähnten offenen Regale nach wie vor eigentlich eine gute Sache finde, ist es mittlerweile so, dass sich dort so viel kleine Kistchen und Döschen angesammelt haben (Perlen, Murmeln, Schmuck, Bastelkram…), dass wir schon Extra-Kisten für die Kistchen brauchen. ;-) Bin mal gespannt, was andere noch so von ihren Erfahrungen berichten.

  2. Nadine

    Ich habe die gleiche Haltung wie du, und das gleiche Vorgehen. Ja, und ich habe schon mal wütend um Mithilfe verlangt, aber dann ist das für mich definitiv ein Zeichen, dass es mir nicht gut geht und ich gucken muss, was da los ist. Denn meine Mama hat es genauso gehandhabt wie deine und ich habe es nicht verstanden und gleichzeitig gehasst. Bei uns darf das Kind langfristig nur so viel besitzen wie es in die Regale in seinem Zimmer passt, plus in das kleine Legozimmer, was wir alle gemeinsam haben (das gehört quasi Papa genauso, und das Gästesofa steht dort auch). Da ist alles Lego, das darf nachts stehen bleiben – und ist räumlich auch beschränkt. Die Aussage langfristig: Weil aktuell besitzt das Kind mit 4 Jahren noch weniger, als es Platz hätte und im Moment gibt es noch zwei Kisten im Wohnzimmer mit Duplo (nein, ich schreibe das nicht als Werbung, wir spielen einfach gerne damit).
    Bei drei Kindern unterschiedlichen Alters fände ich es noch etwas anspruchsvoller (weil Spielzeug für mehrere Alterstufen), würde es grundsätzlich aber ähnlich machen.
    LG Nadine

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