Ein großes Problem für Eltern scheint oft zu sein, dass sie nicht zu dem kommen, was sie gern tun würden, während ihre Kinder wach sind. Heilig sind die Zeiten des Mittagsschlafes, des Kindergartens oder der Nacht. Ich kenne das zu gut. Auch ich freue mich, dass Frau Klein nun wieder in den Kindergarten geht und ich ein paar Stunden für mich habe. Aber ich habe lange Zeit damit zugebracht, meinen Alltag so gestalten zu müssen, dass auch neben den Kindern etwas weitergeht. Und zwar ohne, dass ich sie derweil vor den Fernseher setze oder irgendwelche Beschäftigungsmethoden aus dem Ärmel schüttel.
Als Herr Klein geboren war, wanderte der Laptop ins Eck. Ich wagte nicht die Technik zu benutzen, während mein Kind wach war. Er sollte doch nicht rund um die Uhr davon umgeben sein. Damit schoss ich mir selbst ins Knie. Denn so war er es gewohnt, dass ich immer hauptsächlich für ihn da war. Mir Auszeiten zu nehmen war schwierig. Wenn ich Pausen wollte, hing er an mir und wartete, dass ich wieder Zeit für ihn hatte. Es dauerte (und brauchte auch Beratungen bei unserer Familienberaterin) bis ich begriff, dass ich meine Zeit falsch aufgeteilt hatte. Ich schenkte sie ihm und versuchte mir dann von ihm wieder etwas zu leihen für eine kurze Pause für mich selbst.
Bei Frau Klein drehte ich dann alles schon komplett um. Es war nicht mehr nur ihr Tag und ich Bedienstete, sondern ich gab einen Ablauf vor, den ich natürlich hier und da anpassen musste, aber der mich nicht einengte. Wir fanden gemeinsam einen Weg, wie wir beide auf unsere Kosten kommen konnten. Auch der Liepste merkte dann erfreut, dass ein Homeoffice Tag neben Frau Klein viel einfacher möglich war, als neben Herrn Klein. Was es dazu braucht?
Klarheit
Herrn Klein bettelte ich quasi an, wenn ich mal ein paar Minuten für mich wollte. „Ich will jetzt mal einen Kaffee trinken.“ oder „ein paar Seiten lesen.“ Er konnte das nur schwer akzeptieren. Bei Frau Klein war ich von Anfang an beschäftigt. Ich tat einfach Dinge, die ich tun wollte. Und wenn sie mich brauchte, schaute ich, was möglich war. Ein „Ich muss jetzt erst noch was arbeiten.“ ging mir viel leichter über die Lippen. Und erstaunlicherweise konnte sie das auch viel leichter akzeptieren. Meistens. Natürlich, sie sind Kinder und keine Puppen. Sie kämpfen um das, was sie wollen. Sie testen immer wieder aus, was geht. Was Mama wirklich meint und ob nicht doch noch mehr geht. Aber sie können auch akzeptieren, wenn sie merken, dass wir klar sind und etwas ernst meinen.
Aber auch Klarheit in dem, was ich tue. Wenn ich nur sitze und selbst strudele, im Netz planlos umher surfe und nicht wirklich konzentriert an etwas arbeite, dann spüren meine Kinder das. Dann stehen sie neben mir, klettern auf meinen Schoß, wollen dieses und jenes und lassen mich kaum in Ruhe. Wenn ich konzentriert arbeite, scheine ich das auszustrahlen, es fällt ihnen leichter, sich derweil auch etwas zu spielen zu suchen. Es muss auch nicht nur Arbeit sein, die sie überzeugt. Mittlerweile kann ich auch gut sitzen und stricken, malen oder lesen und sie können das akzeptieren. Weil sie sehen, dass mir das jetzt wichtig ist, dass ich das gerade möchte und brauche. Wobei sie hier ein Buch besser akzeptieren als den Kindle zum Beispiel, der für sie eher wie ein spannendes anziehendes Spielzeug wirkt.
Und selbst Herr Klein, der sich wirklich lange schwer tat sich selbst zu beschäftigen und mich kaum in Ruhe lassen konnte, kann ein „Ich muss jetzt hier mal was arbeiten.“ gut akzeptieren und derweil selbst ins Spiel versinken.
Struktur
Die Klarheit habe ich nur, wenn ich auch für mich klar weiß, was ich jetzt tun will, was gerade wichtig ist. Seit einigen Monaten arbeite ich mit Bulletjournals und ToDoListen. Da trage ich morgens oder vorabends ein, was am Tag zu tun ist. Auch Hausarbeiten wie Wäsche oder spezielle Einkäufe landen darauf, damit ich sie nicht aus dem Auge verliere. Und wenn ich dann weiß, dass ich jetzt 2h mit dem Kind daheim bin, schaue ich auf die Liste, schaue was davon jetzt möglich ist und tue genau das. Es hat gedauert diese Disziplin zu entwickeln. Aber sie hilft mir. So kann ich auch mal banale einfache Aufgaben erledigen, sei es nur eine email verschicken oder ein paar Überweisungen anlegen. Am Ende steht ein erledigtes ToDo und ich bin hinterher zufrieden, weil etwas weiterging.
wertvolle Zeit
Oft schieben wir die Kinder ja genervt davon. „Gleich.“ oder „Lass mich das noch fertig machen, dann komme ich.“ Und dann fallen uns unterwegs noch dreizehn andere Dinge ein. Die Kinder scheinen plötzlich wieder beschäftigt und wir gehen zum nächsten über. So hangeln wir uns durch den Alltag. Ich habe gemerkt wie wichtig es ist, auch wirklich intensive wertvolle Zeit mit den Kindern zu verbringen. So, dass ich eben konzentriert arbeite, wenn ich arbeite und wirklich beim Kind bin, wenn ich mit dem Kind bin. Das gelingt mir erstaunlich viel leichter, wenn ich eben auch diese Zeit für mich habe, in der ich für mich etwas weiterbringe. Dann kann ich mich wieder beruhigt und viel zufriedener und gelassener aufs Kind konzentrieren und bei ihm sein. Deshalb arbeite ich zum Beispiel enorm gern in der Früh gleich ein paar ToDos ab und gönne mir dann gegen Mittag, wenn ich Frau Klein abhole, einfach nur Zeit mit ihr. Das genießen wir beide. Und dann ist sie wieder „gesättigt“, hatte ihre Mamazeit mit mir und kann sich wieder auf sich selbst einlassen.
Und eben – diese wertvolle Zeit können wir nur so genießen, wenn wir ein wenig Struktur haben und wissen, was uns wann wichtig und möglich ist.
Dankbarkeit
Nicht selten bedanke ich mich bei meinen Kindern dafür, dass ich eine Weile in Ruhe arbeiten konnte. Es ist kein besonderes Lob sondern eine Wertschätzung ihrer Kooperation. Weil ich schlussendlich wirklich dankbar bin für die Zeit, die ich habe.
Entspannen
Es half mir sehr zu akzeptieren, dass ich einfach kein Büro habe, in das ich 8 Stunden am Tag verschwinden kann. Die Arbeitsaufteilung hier mit dem Liepsten hat seinen Sinn, so, wie sie ist. Und ich kann mir eben nur in Ruhe überlegen, was ich schaffen kann, was möglich ist und sollte aufhören mehr zu wollen. Und seitdem ich gut strukturiert mit der wenigen Zeit, die ich habe, arbeite, bin ich auch viel zufriedener und kriege viel mehr weiter, als vorher, wo ich noch verzweifelt und verärgert umher geschwommen bin in meinen To Dos. Es geht nicht jeden Tag gleich viel weiter und ein krankes Kind haut mir auch mal meine Pläne zusammen. Aber das anzunehmen und zu vertrauen, dass ein besserer Tag kommt, hilft mir mehr als frustrierter Stress.
Genau so habe ich jetzt annehmen müssen, dass die Nachmittage nur mehr den Kindern gehören. Oft hatte ich hier noch viele ToDos auf der Liste. Doch jetzt musste ich einsehen, dass sie schwanger einfach nur mehr mürbe und müde zu ertragen sind. Also verplane ich sie nicht mehr sondern schenke diese Zeit mir und den Kindern. Das hat mich sehr entspannt. Seitdem bin ich dann auch abends wieder motivierter. Weil nichts mehr auf Druck irgendwo gequetscht ist. Und wenn sich doch mal noch ein kleines To Do ausgeht am Nachmittag, dann freue ich mich umso mehr.
Wir sind workingmoms oder workingdads und keine Roboter. Wir sollten nicht zu viel von uns selbst erwarten. Aber wir müssen uns auch nicht komplett aufgeben.
Eltern-Kind-Cafes schienen mir auch für mich oft unnötig bzw. sogar etwas kontraproduktiv. Ich müsste erst irgendwo hin fahren, meine Zeit wäre damit noch begrenzter. Vor Ort würden meine Kinder eine gewisse Zeit brauchen, um sich in der Umgebung wirklich etwas zu spielen zu finden und dabei zu bleiben. Sie würden vorerst mich als sicheren Hafen brauchen. Ich wäre durch andere Eltern und andere Kinder viel abgelenkter von meinem Tun. Deshalb bin ich froh für uns einen guten Ablauf gefunden zu haben. Und ich bin zuversichtlich, dass auch mit Mini Klein dann alles gut laufen wird. Dass auch wir wieder ein gutes Zusammenspiel finden.
Natürlich beneide ich den Liepsten hin und wieder um die Möglichkeit 8 Stunden im Büro zu sitzen und einfach nur ohne Unterbrechung arbeiten zu können. Aber letztendlich habe ich das ja früher gehabt, war nie 8 Stunden am Stück motiviert oder konzentriert. Heute schätze ich jede volle Stunde, die ich habe und habe das Gefühl, in der viel effizienter zu arbeiten, wenn ich um ihr Ende weiß, als wenn ich noch drei weitere hinten dran hängen habe.
Wie schafft Ihr es neben den Kindern zu arbeiten oder Dinge zu tun, die Euch wichtig sind?
Ein spannendes Thema, mein Jüngster braucht auch immer noch viel Mama-Zeit und fordert das auch sehr stark ein. Ich habe ja das Glück, dass ältere Geschwister da sind, die mal übernehmen, wenn ich mich nachmittags nochmal an den Schreibtisch setzen möchte. Zur Zeit übe ich, die Zeit, die mir als Arbeitszeit bleibt, auch fokussiert zu nutzen, ohne mich nebenher in den sozialen Netzwerken zu verlieren :-) – ich übe noch!
LG, Micha