Herr Klein ist 4 und interessiert sich für Zahlen und Buchstaben. Im Kindergarten wird das sehr unterstützt. Vielleicht ein wenig zu sehr, quasi gefördert. So bringt er immer öfter Vordrucke zum Ausfüllen aus dem Bereich Sprache / Mathematik mit und erinnert an einen Vorschüler.
Am Montag stellten wir fest, dass ihm bereits 3 Zähne wackeln.
Er redet viel und deutlich, er will immer mehr selber tun und kann immer mehr kleine Dinge im Alltag.
Seiner kleinen Schwester gegenüber wirkt Herr Klein sehr groß. Er läuft ihr davon, er klettert höher, er zeigt ihr die Welt.
Nachts klettert Herr Klein manchmal in unser Bett. Da will er unter die Decke und schläft weiter. Dann ist er so klein. Mein kleiner Herr Klein, der noch 2 Jahre Zeit hat bis zur Schule, der noch so viel lernt und kann bis dahin. Der uns noch in sooo vielen Dingen braucht.
Frau Klein geht nun seit geraumer Zeit und tut das mittlerweile auch recht schnell. Täglich entdecke ich neue Worte in ihrem Wortschatz, sie kann sich immer besser äußern. Sie wirkt groß und erst wenn sie sich erfolglos zur Türklinke hochstreckt, wenn sie müde an meiner Brust liegt, wenn sie mit Bleistift die Wände verziert, merke ich, wie klein sie doch noch ist. Aber wie klein wirklich?
Es geht schnell ein Kind zu überschätzen. Man ist im Fluss, getrieben von dem, was es kann und leistet. Erwartungen schrauben sich an einzelnen Erfahrungen rauf, werden manchmal unerfüllbar. Man tendiert zu übersehen, wie sehr das Kind uns und unsere Unterstützung doch noch braucht. Genauso schnell geht es, ein Kind zu unterschätzen. Ihm Dinge nicht zuzutrauen, weil es „noch nicht so weit ist“. Glauben wir.
Mir passiert beides gerade ständig. Es fällt mir schwer mit der stetigen Entwicklung beider Kinder so mitzukommen, dass ich keines unter- oder überschätze. Dass ich sie da sehe, wo sie sind. Im Jetzt. Hier und Heute.
Liegt vielleicht auch daran, dass ich selbst nie so ganz hier bin. Immer unterwegs. Im Kopf, mit den Füßen.
Innehalten tut gut. Ist wichtig. Richtet mich aus.
Du sprichst mir aus der Seele.
Letztens haben die Bezugserzieherin und ich wieder überlegt ob wir den kleinen Wolf,weil er „so weit ist“, nicht auch oft überfordern und nicht altersgemäße Sachen von ihm erwarten nur weil er sie schon kann.
Und wieder einmal sprichst Du mir aus der Seele. Mein großer kleiner Mann wird bald 5 aber jeden Abend wird er wieder klein und huscht in mein Bett. Er ist so groß geworden und ich denke manchmal, dass das großer Bruder werden ihn schneller groß gemacht hat. Im französischen Kindergarten hat er im letzten Jahr für meine Begriffe zu viel gelernt. Mit Begeisterung zwar aber zu welchem Preis. Kind sein dürfen sie da nicht wirklich mehr.
Das kleinste ist nun so schnell 18 Monate geworden dass ich es kaum glauben kann. Wie er genau weiß was er tut und was er will, auch wenn er bis jetzt nur wenige Wörter mit uns spricht- verstehen tut er fast alles und ich bin sicher sowohl auf deutsch als auch auf französisch.
Die Zeit vergeht so rasend, danke liebe Nadine für immer wieder genau solche Texte die einem aus der Seele sprechen! Und zum innehalten einladen. Tut gut. Brauchen wir viel mehr!
Herzliche Grüße