Erkenntnisse der Woche – Eine gute Tat

Diese Woche hatte spannendes moralisches Erlebnis im Gepäck! Es ist weniger eine Erkenntnis, als eine interessante Erfahrung.

Ich bin mit den Kindern in die U-bahn gestiegen und habe am Boden eine Geldbörse gefunden. Wie sie da lag schien sie schon schwer und fett und tatsächlich war sie vollgesteckt mit $1000 und €200 in Bargeld, dazu unzähligen Kreditkarten und auch dem Führerschein des amerikanischen Besitzers der Börse. Mein erster Gedanke war tatsächlich: Wow, die muss ich ihm zurückgeben, der muss ja außer sich sein!

Beim Anblick des vielen Geldes war natürlich schon auch der kurze Moment des: „Wow, nehmen und rennen. schnell!“ Aber ich hatte nie wirklich die Ambition das zu tun. Es ging einfach nicht. Es hätte sich nicht richtig angefühlt. Und auch wenn recht schnell klar war, dass der Herr Dr., Präsident einer großen Firma, recht vollgestopft mit Geld sein muss, hätte ich es nicht gebracht, Geld aus der Börse zu nehmen. Viel mehr war ich daran interessiert detektivisch herauszufinden, wie ich den Herrn nun kontaktieren könnte. Bevor der all seine Kreditkarten sperrt.

Und so rief ich – ICH!!! – die mit der Telefonphobie – eine Nummer auf seiner Visitenkarte an und landete bei einer ganz aufgelösten Dame in Virginia, die mich einen „Saint“ und „a wonderful person“ nannte. Das fühlte sich schon gut an, das gebe ich zu. In dem Moment fühlte ich mich auch so. Sie gab mir dann eine Nummer bei der Uno city und dort sprach ich dann mit dem reichen Herrn, der sehr erleichtert schien. Eine Kollegin kam dann abends vorbei und holte die Geldbörse ab, schenkte mir Blumen dafür. Und da war es – das kleine enttäuschte Gefühl in mir und der kurze Moment des: „hätte ich doch…“ Denn worauf ich mich gefreut hatte: dem Mann seine Geldbörse wiederzugeben und seine Erleichterung, seine Freude ganz live mitzuerleben. Und nunja, eventuell auch einen kleinen Finderlohn. Stattdessen eine fremde Frau und Blumen. Ich mag ja Blumen nicht. Jedenfalls nicht so ordentlich sortiert im Glaskrug.

Ich redete dann noch lange mit dem Liepsten darüber. Wie beim Anblick von so viel Geld auf einem Haufen einfach mal ganz wilde Szenarien im Kopf ablaufen. Weil man ja könnte und niemand je wüsste…

Einen Tag später geriet all das Denken schon in den Hintergrund. Ich freute mich einfach nur noch, dass ich gehandelt hatte, wie ich gehandelt hatte. Wusste, dass es richtig war und konnte mir einfach nicht vorstellen, von ein paar Euros dieses Mannes irgend etwas zu kaufen, woran ich wiederum Freude hätte.

Und schlussendlich waren meine Kinder bei mir. Herr Klein war sehr interessiert an der Geschichte und wollte wissen, was da grad geschieht. Allein dafür war es wichtig und richtig so zu handeln. Der Herr Dr. President Steinreich hat nun einfach schon ein paar Tage früher Weihnachten gefeiert.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Mama arbeitet

    Schön. Und ja, so viel Geld, speziell wenn man selbst keins hat, das wäre auch für mich verlockend. Und trotzdem – man ist ja Vorbild. Ich hatte das vor 2 Jahren anlässlich eines Fahrraddiebstahls, als eine klitzekleine Falschangabe von mir uns 250 € beschert hätte für den Kauf eines neuen Rades. Sogar der Sachbearbeiter in der Versicherung hat nicht verstanden, dass ich sagte, nein, das Rad der Tochter sei nicht an einem festen Gegenstand angeschlossen gewesen. Aber die Tochter zu einer Falschaussage bringen, nein, das geht nicht. Und auch ansonsten hätte ich echt schlecht geschlafen, hätte die „Flunkerei“ (die Versicherungsbetrug gewesen wäre) auch nur mich betroffen. Nee. Es gibt Moral und ich will sie haben.

    Viele Grüsse, Christine

  2. buntraum

    Liebe Christine, ja, die Vorbildfunktion ist nicht zu unterschätzen. Meine Mutter hat mit mir gemeinsam Dinge in GEschäften gestohlen. Ich fand das natürlich toll und spannend, hab’s dann auch ganz exzessiv gemacht bis ich erwischt wurde. Noch heute wohnt ein Langfinger in mir, aber ich hab ihn unter Kontrolle. Wie ja das Erlebnis dann gezeigt hat. Bin froh darüber. Viele Grüße hinüber an den schönen Bodensee!!

  3. jupe

    wir hatten garkein Geld früher und das war zB auch der Grund warum mein Vater zur Kassierin beim Riesenrad sagte „sie ist erst vier“, weil ich dann gratis fahren hätte können. Ich hingegen rief laut und stolz: „ich bin aber schon FÜNF!“.
    Und alle mussten lachen. Und ich fuhr gratis.

  4. edi

    dein verhalten ist moralisch sicher lobenswert. ich persönlich hielte es in einem solchen fall jedoch eher mit robin hood und hätte dabei auch überhaupt kein schlechtes gewissen (zumindest bei solchen leuten). ich habe beruflich sehr viel mit leuten dieser art zu tun und würde darauf wetten, dass er sich eher lustig darüber gemacht hat, dass da jemand so ehrlich ist. die blumen hat mit sicherheit seine sekretärin besorgt; ein persönliches dankschreiben wäre wohl das mindeste gewesen (mal ganz abgesehen vom finderlohn). allen zukünftigen „ehrlichen findern“ würde ich eher raten, entsprechende fundgegenstände bei der polizei abzugeben. lg

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