Es ist acht am Abend und alle drei Kinder schlafen. Ich bin noch neu darin drei Kinder ins Bett zu bringen, vor allem allein. Meist taucht zumindest irgendwo im Abendritual der Liepste auf und wir können gemeinsam jonglieren. Heute nicht.
Und während ich hier sitze und ein verspätetes Abendessen verspeise blicke ich auf die letzten zwei Stunden zurück. Es waren sicher nicht die entspanntesten und es wurden sicher nicht alle innigsten Wünsche und Bedürfnisse aller Beteiligter Personen erfüllt. Und ich sage mir: so what! Du bist Mutter. Dreifachmutter. Und ein Mensch. Und ich würde das auch Erstlingseltern sagen: so what! Streift den Perfektionnistenmantel ab. Es geht nicht darum, dass alle selig und glücklich sind. Es geht darum, dass niemand wirklich zu kurz kommt oder leidet.
Ich kann Frau Klein nicht mittendrin die drei Haare schneiden, die ich beim letzten Mal vergessen habe. Miniklein wuselt auf meinem Arm umher und ich freue mich, wenn wir die Zähne gut geputzt bekommen. Miniklein wartet im Bett von Frau Klein, während wir Zahnpasta in Münder verteilen. Herr Klein hätte gern, dass ich ihn aufs WC begleite. Geht nicht. Ich muss schaun, dass Frau Klein im abendlichen Müdigkeitszustand keinen Blödsinn mit Miniklein aufführt. Ich selbst müsste mal aufs WC, aber so dringend ist es doch nicht. Kann noch warten. Während ich Frau Klein beim Ausziehen helfe, streichle ich Herrn Kleins Kopf, weil der Tränen verdrückt, weil ich vergessen hatte zu sagen, dass sein geliebter Papa heute später nach Hause kommt. Mit einem Finger in Minikleins Mund lese ich Geschichten vor, kuschle mit verbogenem Arm mit einem Kind, dann mit dem anderen. Miniklein immer dabei. Für keinen habe ich exklusiv Zeit, aber es soll auch keiner allein irgendwo weinend herumliegen. Dann wickle ich Miniklein, er soll noch etwas strampeln können, doch ich muss die entspannte Zweisamkeit bald abbrechen, weil mein hungriger Körper beginnt zu unterzuckern. Wenn ich nicht schnell etwas Essbares in den Mund schiebe, beginne ich zu zittern. Mit ihm am Arm schneide ich mir ein paar Stücke Käse. Dann gehe ich ihn stillen. Dazwischen ruft Frau Klein, weil ich ihre Uhr richten soll. Schnell schnell, jetzt wird aber geschlafen.
Und nun schlafen sie. Nein, entspannt war das alles nicht. Schade. Es tut mir leid, wenn die Kinder so wenig bekommen zu einer Zeit, in der sie es so brauchen. Die Abende sind wichtig, sind auch mir heilig. Da achte ich sehr auf die Zeit, dass es nicht zu spät wird und eskaliert. Da ignoriere ich das Handy und die Wohnungstür. Da will ich ganz da sein. Aber momentan geht das nicht so, wie ich es gern hätte. Miniklein ist noch Meilen entfernt von einem Rhythmus. Er muss irgendwie mit, irgendwie aber bestimmt er auch unseren Ablauf mit. Er ist mittendrin, aber doch eher nur dabei. Die anderen beiden sind Hauptakteure, doch er mischt sich immer wieder ein. So ist das nun mal. Und ich? Suche verzweifelt in jedem Winkel nach dem Funken Geduld, der mir fehlt. Weil mein perfektionistisches Bild ein anderes ist. Eines, in dem ich erst Miniklein, dann die anderen beiden wie gehabt und entspannt ins Bett bringe. Dabei sagt ja niemand, dass das nicht einmal so sein wird. Sicher wird es das. Es braucht nur Zeit. Und die Kinder kommen nicht um, wenn es einen Abend mal nicht so harmonisch ist. Als ob es das sonst immer gewesen wäre.
Nein, wir müssen da unsere Ansprüche anpassen, soweit herabschrauben, wie es gerade erforderlich ist. Denn die sind es, die uns da oft im Weg stehen. Weil wir mit dem Ziel, es allen gleich recht zu machen, vor allem einem nicht recht machen: uns selbst. Und uns damit nur zerreißen. Vorfreudig schaue ich auf die Abende, an denen alles wieder einfacher und normaler wird. Weil es das wird und so ein unentspannter oder auch mal ausgeflippter Abend nicht ins Gewicht fällt. Und derweil freue ich mich, dass es acht am Abend ist und alle drei Kinder schlafen.
Ein kleiner Impuls zur Nacht: Nach der Geburt unseres dritten Sohnes (die anderen waren da 2 und 4) hat mir ein Wort bzw. das Nachspüren danach sehr geholfen: Hingabe.