An gewöhnlichen Tagen fühle ich mich ganz gewöhnlich und normal. Ich habe das Gefühl, eine gewöhnliche Familie zu haben und ganz normale Kinder, die in gewisser Hinsicht hie und da individuell anders sind. Ist ja wiederum auch normal.
Und dann gibt es Tage, da fühle ich mich so anders, schräg und verquer, dass die ganze Welt einem utopischen Planeten gleicht. Und ich mich fühle wie nach einem Marathon.
Und auch wenn ich gelernt habe, dass mein anders fühlen nicht immer bedeutet, dass mein Gegenüber normal ist, so ist es doch anstrengend, sich so zu fühlen. Eben abzuchecken, wer jetz hier eigentlich wie schräg und wie normal ist. Und dabei ganz bei sich zu bleiben. Egal wo auf der Skala von ganz verquer bis ganz normal man sich befindet. Und jaja, wer will schon normal sein? Ich glaube mehr Leute, als es zugeben. Zumindest hin und wieder. Ich mag den Spruch nicht. Denn anders sein ist anstrengend. Und seine Kinder anders zu erziehen auch. Und ganz besonders.
Einfühlsamkeit ist uns wichtig. Und genau die wird mir oft zur Last. Ich bin die Mutter, die beim Arzt dem Kind sagt, dass es schreien darf, wenn es das braucht. Während der Arzt behauptet das wäre doch nix und tut nicht weh. Ich bin die Mutter, die mit ihren Kindern geht, wenn sie müde sind, statt sie irgendwo durchzuboxen, damit ich sozial, ich selbst oder sonst etwas wichtiges sein kann. Ich bin die Mutter, die ihre Kinder nicht ruhig stellt, sondern zu ihnen spricht, wenn sie ein Bedürfnis lautstark äußern. Ich bin die Mutter, die noch immer mitten in der Krippe beim Kind sitzt, während die anderen Kinder „eingewöhnt“ sind und von ihren Eltern nur mehr „abgegeben“ werden. Ich bin die Mutter, die so lange stillt, wie es für sie und Kind passt, und nicht für die gesellschaftliche Norm.
Es ist nicht immer anstrengend, so zu sein. Oft tut es sogar gut, eben so und nicht anders zu sein. In dem Moment. Aber in Summe ist es anstrengend. Die Blicke, die man spürt. Die Sätze, die man hört. Es zehrt. Und gerade jetzt fühle ich mich sehr erschöpft. Und geschlaucht davon einfühlsam meinen Kindern zu begegnen. Und damit in dieser kantigen Welt nur anzuecken. Nicht reinzupassen.
Es ist nicht mal das Rechtfertigen. Das tu ich gar nicht, weil es nicht sein muss. Es ist das Kämpfen um das bisschen Extra. Das bisschen Extra Verständnis, das nötig ist. Für unseren Weg und unseren Ansatz. Und all die Momente, die das nach sich zieht und eckig und kantig macht.
Aber ich habe keine Wahl. Denn anders als einfühlsam akzeptiere ich nicht. Da fehlt mir das Verständnis. Und so kämpfe ich weiter. Morgen. Jetzt gehe ich schlafen und Energie tanken. Gute Nacht!
Liebe Ramona, du sprichst mir aus dem Herzen. Bei mir bezieht sich das „anders sein“ zwar nicht auf die Kindererziehung, sondern auf meinen beruflichen Werdegang. In der Zweitausbildung habe ich mein Medizinstudium begonnen, bewusst dabei eine Familie geplant – und mein Mann ist auch in seiner Zweitausbildung. Alles ziemlich ungewöhnlich, mit viel Einsatz und wenig Geld verbunden, was von unserem Umfeld nicht immer verstanden wird.
Ich lese deinen Blog übrigens sehr gerne und finde ihn sehr inspirierend!
Liebe Buntraum, ups, da war ich noch nicht ganz wach dass ich dich mit Ramona angesprochen hab – tut mir leid, da hab ich deinen Vornamen verwechselt!
Du bist eine Mutter, die das was sie tut, auch wenn’s manchmal aufreibend ist, genau richtig macht (ist natürlich meine individuelle Meinung) Du gibst deinen Kindern was sie brauchen und gehst respektvoll auf die ein/mit Ihnen um. Seit ich mich mit Emmi Pikler beschäftige wurden mir auch etwas die Augen geöffnet… Und genau dieser Respekt, die Wertschätzung des Gegenübers, das ist das was unseren Kindern gut tut und sie wachsen lässt. Und es ist nicht mal so schwer das umzusetzen… ;-) leider beobachte ich oft, wie schnell Kinder als „lästig“ empfunden werden wenn sie Fragen haben, Wünsche äussern, Aufmerksamkeit wünschen.
Ich bin dabei meinen Weg zu finden und ganz glücklich damit. Es gelingt natürlich nicht immer so wie ich das gern hätte, aber es ist ja auch ein sich ständig ändernder Prozess…
Und ich freue mich, dass ich Deinen Blog gefunden habe, denn oft sprichst du mir aus dem Herzen, oft gibst du mir neue Inputs, oft regst du zum Nachdenken an, oft berührst Du mich – und immer hab ich Freude von dir zu lesen!
Ach, das kenne ich noch so gut, und vielleicht kann ich dir ein bisschen Mut machen… ich habe es mit meinen Kindern damals genau so gehalten. Sie wichtig genommen, nicht nach Schema F gehandelt, es anders gemacht als die meisten Mütter. Dafür habe ich viele kritische Worte kassiert, und auch manche hochgezogene Augenbraue gesehen. Meine Kinder sind ja mittlerweile erwachsen, und dieses etwas andere Erziehen hat ihnen nicht geschadet, nur genutzt. Ohne Häme kann ich sagen, dass bei einigen der damaligen „Vorzeigemüttern mit Vorzeigeerziehung“ längst nicht alles so glatt gelaufen ist, und dass sogar Entschuldigungen an mich herangetragen wurden, weil betreffende Person damals ohne Kinder immer ein perfektes Urteil parat hatte, nun aber mit Kindern sieht, wie weit sie mit ihren Idealen von der Wirklichkeit entfernt war.
Ich bin froh, wenn ich sehe und höre, dass sich jemand traut, noch intuitiv auf seine Kinder einzugehen….. die Meisten haben heutzutage Angst, nicht als gute Eltern dazustehen, hier nicht perfekt zu sein.
Lieben Gruß und frohen Mut! :))
Gabi
Oh ja, es ist manchmal anstrengend, einfühlsam zu erziehen! Und oft befriedigend. Ich war gestern die Mutter, die ihrem Sohn verständnisvoll begegnete, als er immer „noch mehr“ forderte, obwohl er schon eine CD und Kuchen bekommen hatte. Das verwöhnte Kind! Weil ich wusste, dass das vorangegangene Konzert ihn überreizt hatte und er einfach ein wenig Zeit für sich brauchte, bis er sich wieder „sozial“ verhalten konnte. Ich war in dem Moment gern diese Mutter, weil ich wusste, dass ich mit meiner Reaktion ein viel grösseres und auffälligeres Drama verhindern konnte.
Seine Schwester übrigens, die von aussen gesehen lange das von mir überbehütete Sensibelchen war, stand während dem letzten Lied des Konzerts mit auf der Bühne und machte begeistert mit. In Trubel und Lärm!!!
Falls du etwas Ermutigung brauchen kannst, deine Energie weiterhin für diesen Weg einzusetzen, gebe ich sie dir hier: Es lohnt sich. Du stärkst deine Kinder. Du stärkst dich selber. Du stärkst euch als Familie.
lg, Mirjam
oh ja, das kenn ich auch. angefangen bei „lass sie doch mal schreien“ über, „wann kriegen sie denn endlich was richtiges zu essen“ anstatt muttermilch eine endlose liste von kommentaren, wertungen, einmischungen. an guten tagen ertragbar, an den schwacheren (zweifelnderen) kräftezehrend und wehtuend. aber wie du auch richtig sagst, was wäre die alternative? den eigenen wert verraten nur damit es scheinbar leichter würde? keine option für mich. also tue ich mir besonderes gutes an diesen tagen, bis ich wieder mehr bei kräften bin und bleibe bei mir. alles gute für dich, lass dich nicht unterkriegen!
Schön geschrieben! Mir geht es auch oft so… Unsere tolle Gesellschaft halt.
Aber das wichtigste ist das ich mich auf meinen Weg gut fühle und im großen und ganzen glücklich bin.
Ich finde es so toll wie du das machst. Verstehe gut, dass das oft anstrengend ist.
Aber es wird sich lohnen, davon bin ich überzeugt.
Immer wenn ich mal wieder Unterstützung brauche und mich nicht ganz so alleine fühlen will lese ich Deinen Blog! Vielen lieben Dank das Du so viel von dir Preis gibst. Du hilfst und inspirierst so viele damit.
Denn ja es ist anstrengend anders zu sein und anders zu erziehen, aber es lohnt sich!
Viel Kraft und alles Gute
Christiane
Deine Kinder können sehr froh sein, eine so tolle Mama zu haben. Das hört sich alles sehr, sehr nach Wärme und Geborgenheit an. Toll.
Mir geht es auch so. Danke!
Wie recht du hast liebe Nadine. anstrengend ist gar nicht, das anders sein, sondern das man sich ein Schutzschild aufbauen muss, gegen die Kommentare der anderen. Meine zweite Tochter habe ich trotz BEL spontan entbinden wollen und auch entbunden. Das was mir am meisten kraft geraubt hat, war, dass ich das vor so vielen Leuten rechtfertigen musste. Dabei sollte dass doch allein meine Entscheidung sein.