Am Wochenende fand in unserem Haus ein Teil der Malspiel Ausbildung mit Arno Stern statt. Dort wurde auch der so berühmte Malort vorgestellt und Herr Stern hatte einen reisenden Malort dabei. In dem fand jeden Tag dieser Ausbildung ein echter Malort mit ihm in der sogenannten “dienenden Rolle” statt. Dazu brauchten sie Kinder zum Malen und ich habe Herrn Klein zugesagt. Ahnend, dass er letztendlich in diesem Setting nicht malen würde. Was von vornherein von der Kursleitung als möglich und unproblematisch akzeptiert wurde.
Wir kamen also am Freitagnachmittag in den Veranstaltungsraum. Es war gerade Pause und die Kinder sehr aufgeregt. Sie wollten “Malen! Malen! Malen!” Die vielen Menschen verdrängten sie schnell, viel mehr faszinierte sie die Einrichtung. Der Malort, der sich da am Ende des Raumes so still und hell beleuchtet präsentierte. Im Prinzip war er nichts als mit Backpapier beklebte fahrbare Wände und ein Tisch mit Farbtöpfen und Pinseln, sorgfältig angeordnet. Aber gerade das war es, was die Kinder faszinierte. Sie standen mit großen Augen da und schauten, was der Mann (Arno Stern) da tat (Farben aufbereiten).
Dann war die Zeit ran, die Pause vorbei und Arno Stern ging auf die Kinder zu: “Na, wer möchte jetzt alles malen?” Große Kinderaugen wurden größer und wichen zurück. Der Mann im weißen Kittel war ihnen erst einmal unheimlich. Aber es waren noch andere Kinder da, größere und welche, die ihn und auch das Konzept Malort schon kannten. Die gingen spontan und ohne zu zögern nach vorn, ließen sich ihr Bild an die Wand picken und begannen zu malen. Herr Klein blieb bei mir, setzte sich auf meinen Schoß und beobachtete fasziniert das Treiben. Arno Stern ging nicht weiter auf die Kinder, die zurück blieben, ein. Er bedrängte niemanden. Und die, die fertig waren mit Malen, ließ er gehen, hängte ihr Bild auf die Seite zum Trocknen und ließ Platz für andere.
Auch ich beobachtete fasziniert. Da war nichts. Nur Farben, Pinsel und weißes Papier. Und die Malenden (auch Erwachsene) versanken im Tun. In ihren Bildern. Und ich dachte mir: Was für ein Geschenk! Was für ein Geschenk ist es einfach so, frei, offen, ohne Anleitung, unkommentiert und unbewertet malen zu können. Niemand fragt, was sie malen. Niemand kommentiert Farbwahl oder Komposition. Niemand bewertet das Ergebnis. Ein Geschenk in der heutigen Zeit, in der alles ein Ergebnis hat. Alles ein Ziel. Der Weg nicht mehr zählt. Einfaches Tun und Treiben lassen davon, ohne dabei zu überlegen und zu konstruieren. Dafür scheint dieser Malort, den Arno Stern geschaffen hat, traumhaft.
Zuweilen schien es ein wenig streng. Es gibt viele kleine Regeln. Ein eng gesteckter Rahmen. Die Pinsel liegen in bestimmter Weise, Das Eintauchen darf nicht zu wild sein. Wenn ein Pinselstrich zu blass wird, fordert er den Malenden zum erneuten Eintauchen ins Farbtöpfchen auf. Das sind seine Regeln, die er alle begründet. Die er lange Zeit erarbeitet hat. Man kann davon halten was man will. Ich glaube, dass der Grundgedanke, das Schaffen eines Raumes, in dem man unbewertet und frei kreativ sein kann, seiner eigenen Malerei und damit ein Stück zurück zu seiner eigenen Spur finden kann, etwas unglaublich Wunderbares ist. Und wenn dieser Malort nun in abgewandelter Form in Schulen und Kindergärten integriert wird und somit das angeleitete Malen und Basteln etwas in den Hintergrund schiebt, glaube ich, dass schon sehr viel getan ist. ich erinnere mich an Malstunden im Fach Kunsterziehung, als wir schweigend ein an der Tafel hängendes Bild in diesem Stil abmalen sollten. Das ist dann reine Kunsterziehung, keine Kunstvermittlung. Und da stellt sich mir die Frage – was wollen wir? Den Kindern erklären, was Expressionismus, Kubismus oder Naive Malerei ist, oder sie es selbst und auf ihre Weise ausprobieren lassen? Sie unter all diesen Strömungen ihre eigene finden lassen, so wie im Leben auch?
Herr Klein blieb bei mir und malte nicht mit. Er wollte gern, das spürte ich. Und er wollte, dass ich mit ihm male dort vorn, allein war es ihm zu unheimlich. Immerhin schauten 80 Menschen dabei zu. Es war jedoch nicht genug Platz mehr für uns beide, weil sich schon genügend andere gefunden hatten. Und somit schauten wir noch ein wenig und gingen dann wieder.
Am Samstag war ich noch einmal kurz beim Seminar, um diesem Malort noch einmal zuzuschauen. Aber nach einer halben Stunde musste ich gehen. Nicht, weil es unerträglich war, sondern weil ich es nicht mehr ausgehalten habe dort zu stehen und nicht malen zu können. (Es waren alle Plätze vergeben).
Seid Ihr schon mal in einem Malort gewesen? Gibt es in den Kindergärten oder Schulen Eurer Kinder solche Orte oder ähnlich gestaltete Räume mit diesem Anspruch? Erzählt mir davon und von Euren Eindrücken und Erfahrungen!