Zwischendurchdasein

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Achtsamkeit. Das große Wort. Das Überziel. Wir wollen sie so sehr, streben sie an. Wissen, was sie gutes kann. Und verlieren sie doch so oft aus den Augen im Alltag. Sind gehetz, genervt, müde. Einfach unachtsam. Wir lesen Bücher, Blogs und Artikel. Wir hören Podcasts zum Thema und stellen uns immer wieder das gleiche Ziel: achtsamer sein. Mit uns. Mit den Kindern. Im Gesamten.

Doch ehrlich – es ist schwer. Verdammt schwer. Nicht der Anfang, aber das Durchhalten. Das immer wieder erinnern. Das Dranbleiben. Und dann fällt immer wieder dieses eine Wort: Meditation. Wie gut sie nicht tut. Was sie nicht alles kann. Und es stimmt. Probieren wir es aus, wundern wir uns, wie gut es uns geht. Wie es uns beruhigt und den Kopf aufräumt. Wir schaffen es einige Tage. Wenn es gut läuft ein paar Wochen. Dann wieder Alltag. Stress. Endlose ToDo Listen. Oder – wie in meinem Fall – ein drittes Kind. Bei aller Liebe und allem Wunschdenken – Meditieren ist grad einfach nicht möglich. Vor den Kindern aufstehen ist unmöglich, da müsste ich mich vor 5 aus dem Bett schälen und das wäre bei Nächten mit diversen Stillunterbrechungen wirklich einfach nur saublöd. Tagsüber gibt es nie die Ruhe dazu, zumindest nicht konsequent und fix. Ich könnte es hier und da spontan einschieben – das stößt sich aber mit meinem Anspruch an Meditation. Eine eingequetschte nur aus dem unbedingten Wollen heraus scheint mir dem Sinn von Meditation sehr gegensätzlich. Und abends schlafe ich dabei nur ein, weil die schwere Müdigkeit gewinnt. Sicher, langsam findet sich hier ein Rhythmus. Aber deshalb muss sich nicht gleich alles finden. Zur Achtsamkeit gehört ja irgendwie auch, dass man die Dinge so annimmt und akzeptiert, wie sie eben sind. Und das ist jetzt nun mal so. Und wird auch wieder anders. Dann.

Dennoch habe ich natürlich und gerade mit 3 Kindern immer wieder den Wunsch nach dieser herrlichen innerlichen Ruhe. Nach einem kurzen Moment des Daseins. Des Innehaltens. Ohne dabei Zwanghaft etwas Tiefes zu spüren. Ohne dem Moment eine große Bedeutung zu geben. Ohne dem Streben nach Erleuchtung und hellem Bewusstsein. Einfach nur still sein. Da sein.

So ist mir unlängst beim Lesen einer Meditationsanleitung schon aufgefallen, dass allein das gereicht hat, dass ich für einen kurzen Moment eben dieser Anleitung unbewusst folgend in meinen Körper gespürt habe. Nichts als die Schwere des eigenen Körpers. Aufmerksamkeit auf die Füße, die Arme, den Kopf gelenkt und schon etwas Ruhe gespürt. Einfach da. Im Jetzt. Nichts weiter.

Seitdem versuche ich es immer öfter. Beim Stillen. In der U-Bahn. Morgens, bevor ich mich aus dem Bett schäle. Und es reicht. Es macht etwas. Ich bewege mich danach einfach ruhiger. Ich fühle mich etwas gestärkter. Bin präsenter.

Es muss keine lange Meditation sein. Es muss keine gezwungene Dankbarkeitsübung sein oder das unbedingte Sehen des Schönen in jedem noch so anstrengenden Moment. Es reicht ein kurzes Zwischendurchdasein. Ein Fokus. Ein Spüren. Ein Wahrnehmen. Ohne Zwang. Ohne Suche nach Bedeutung. Ohne Ziel. Einfach jetzt. Einfach hier. Es fängt uns ein auf der Jagd nach Zeit und Ziel. Es holt uns zurück. Und lässt uns dort stehen. Gestärkt und da.

 

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