Ich mag ja den Regen

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Gestern habe ich mal wieder zu hören bekommen, dass ich ja höchst eigenartige Vorlieben habe. Wir begutachteten die Pflanzen auf dem Gang und als ich sagte, dass ich Orchideen nicht mag weil ich blühende Pflanzen generell nicht mag, eher so einfache Grünpflanzen, da war es mal wieder soweit. 

Nur konnte ich dieses Mal herzlich darüber lächeln. Ja, ich mag keine Pflanzen, die blühen in der Wohnung. Draußen finde ich so eine Kapuzinerkressenblüte schon schön, so als farbiger Akzent. Aber mir braucht man auch nicht mit Schnittblumen zum Geburtstag kommen. Ich habe nicht einmal eine Vase dafür und brauche das auch nicht. Verirrt sich mal ein Strauß zu mir, kommt der in ein Bierglas.

Heute ging ich spazieren und Regenwolken kamen auf. Macht ja nichts, dachte ich und musste schon wieder lächeln. Auch so eine Vorliebe, die mir schon so einen oder anderen blöden Kommentar eingebracht hat. Als ich in Schottland wohnte waren es die Schotten selbst, die nicht verstehen konnten, dass man einfach so nach Schottland zieht, wenn es doch so viele sonnigere Gefilde auf der Welt gibt. Aber gerade da konnte ich den Regen so genießen. Und ich sage Euch – in meinem kleinen feinen Wohnwagen, da klopfte der so herrlich aufs Metalldach, das war ein Traum und die schönste Einschlafmusik.

Ach und dann trug ich noch unterschiedliche Socken an den Füßen. Damit konnten die Kollegen damals ja gar nicht umgehen. „Du hast ja verschiedene Socken an!“ „Ja, und?“ „Na die sind verschieden!“ So richtig kam mir die Verwunderung nicht nahe. Aber dass das komisch war und ich sowieso nicht ganz normal, das vermittelte mir man schon immer wieder. Den Namen „Madnad“ erhielt ich nicht von ungefähr.

Und damals habe ich mir so etwas sehr zu Herzen genommen. Und fühlte mich dann immer sehr komisch und blöd. Passte nicht rein. Irgendwann habe ich dann beschlossen, dass ich sowieso nicht zur Masse gehören will, sondern lieber etwas herausstehe. Aber das fanden die Menschen auch nicht gut. Da wirkte ich dann plötzlich arrogant und abgehoben. Das war ein bisschen zum Verzweifeln. Ich wollte ja einfach nur ich sein, aber das erlaubte man mir irgendwie nicht.

Jetzt habe ich Kinder und es ist mir immer egaler geworden, was die anderen Menschen über mich denken. Weil es nun wichtig ist, wer ich für mich bin. Denn nur wenn ich ich bin, wenn ich ganz ich selbst sein kann, dann bin ich auch für meine Kinder eine gute Mutter. Denn denen ist es ja egal, was ich mag und was nicht. Die wollen, dass ich sie lieb habe und legen sich eine Scheibe Wurst auf ihr Marmeladebrot. Naja, ich muss das ja nicht essen. Und lieb habe ich sie ja trotzdem. Das wissen sie auch. Und wenn sie mal etwas sagen oder tun, was andere komisch finden, dann stelle ich mich ihnen zur Seite und sage: „Du magst das gern so, gell?“ Damit sie rechtzeitig lernen, dass es okay ist, was sie wollen, wie sie sind, was sie tun. Dann müssen sie sich hoffentlich später nicht so plagen und so lange versuchen reinzupassen.

Außerdem ist es doch schön, wenn der eine den Regen mag und der andere die Sonne. Es ist ja eh nicht genug Platz für alle auf der Sonnenseite. Und ich will ja auch den Pflanzen nicht im Weg stehen. Also den grünen.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Isabella

    Liebe Nadine,
    ich bin genau deiner Meinung. Ich finde es wunderbar, bereichernd und inspirierend, dass es verschiedene Vorlieben und Lebensweisen gibt.
    GLG, Isabella

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