Genieße den Moment. Im Notfall später.

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Derzeit geht es rund hier. Die zweite Woche mit 3 Strohwitwentagen. Ich weiß, dass manche Eltern das öfter haben berufsbedingt. Ich bin es nicht gewohnt und es kommt zu einer Zeit, in der ich sowieso grad nur durch alles hindurchfunktioniere.

Naja, also doppelt gut funktionieren. Oder dreifach, denn es sind ja drei Kinder, die hier morgens hungrig in der Küche stehen und eine Stunde später pünktlich in der Schule und dann im Kindergarten sein müssen. Drei Kinder, die dann in umgekehrter Reihenfolge am Nachmittag abgeholt werden, wo sie dann auf den Spielplatz wollen – meine kleine Hölle – und schaukeln bis ins Nirvana, Sandspielen und herumgatschen. Die dann „Och nööööö!“ rufen, wenn man nach endlosen drögen Stunden endlich mal heim will weil vielleicht auch die Blase schon drückt. Die man dann an Eisläden vorbeischleusen muss, durch den Fahrradraum voller spannender Gefährte „prügeln“ muss, weil die Blase immer mehr drückt, die dann in der Wohnung drauf kommen, dass sie eigentlich extrem hungrig sind und müde, das nur nicht ganz so ausdrücken können wie ich das gern hätte. Die dann aber in die „Badebade“-Wanne müssen und dabei das Bad unter Wasser setzen. Und die sich abends wie Kaugummi bewegen, mich in ihre Betten zerren und den letzten Funken Energie aus mir herauskuscheln. Genau. Drei davon.

Und dann ist das so eine Woche mit Zahnarzttermin für Herrn Klein, zu dem ich dann drei Kinder schleppe, weil das logistisch alles nicht anders geht irgendwie und die zwei Kleinen davon abhalte die Praxis zu zerlegen während Herr Klein seine Zähne poliert bekommt. Und dann müssen wir noch Schuhe kaufen, weil Herr Klein eigentlich schon nur noch auf dem Asphalt geht. In einem Schuhgeschäft, in dem Frau Klein alles gefällt was Glitzer hat und sie feststellt, dass doch ihre Sandalen mit den blauen Blumen „gar nicht mehr schön sind“ und sie dringend neue bräuchte. In dem Miniklein gern herumflitzen möchte und – ich mag gar nicht darüber nachdenken, was er tun würde hätte ich ihn aus seinem Buggy befreit. Stattdessen erklärt er mir lautstark, dass er das doof findet im Buggy zu sitzen während der Bruder Schuhe probiert und die Schwester alles Glitzernde umherträgt und mir zeigt. €140 und 13kg Nerven leichter verlasse ich also das Geschäft. Noch zwei U-Bahnfahrten und wir sind daheim wo dann der Wahnsinn siehe oben weitergeht.

Jedenfalls ist es viel und da gibt es dann die Abende, an denen ich neben Miniklein im Bett liege und mir so ein bis drei Tränen der Erschöpfung ins Polster tropfen und ich denke: Ich kann nicht mehr und ich möchte so nicht mehr. Ich möchte nicht mehr nur müde und erschöpft sein, genervt auf ihre Bitten und Fragen reagieren, sie anfahren, weil sie im falschen Moment die falsche Frage stellen.

Atmen. Atmen. Atmen.

Wir wollen so oft die ewig ruhige respektvolle, einfühlsame Mutter sein. So wie die, die da im Internet immer so weise Dinge postet. Die von „Genieße den Moment.“ redet und sagt: „Sie werden so schnell groß.“ Und ich denke mir, wann werden sie endlich groß? Wann wird alles leichter?

Und dann denke ich: Wo war da heute ein guter Moment?

Und dann ist das aufgeregte Flitzen durch den Gruppenraum von Miniklein, als er mich beim Abholen gesehen hat. Der Moment des gemeinsamen Kuschelns in der Garderobe.

Da ist die Freude mit Herrn Klein über seine Matheübung, auf die er selbst so stolz ist und sagt: „Ich werde immer besser!“

Und dann ist das das Lachen mit Frau Klein über ihre Yodasprache. Derzeit sie redet wie Meister Yoda aus Star Wars. Sie Apfelsaft möchte aber ungespritzt. Und ihr stolzer Blick beim Fahrradfahren in der Früh, weil sie das alles schon ganz gut allein macht und ich sehe, wie sehr sie das genießt.

Und dann ist das dreifaches Lachen, wenn einer Blödsinn redet und die beiden anderen das so unfassbar lustig finden.

Und dann ist das der Blick hinauf in die Bäume, durch deren Äste die Sonne zart lächelt. Ein Moment Stille im Wahnsinn.

Und dann sind da also doch plötzlich Momente. Eben diese Momente, von denen alle reden. In dem Moment habe ich sie gar nicht so sehr genossen. Aber da beim Erinnern, da waren sie ganz präsent und da. Und das war dann dreifach schön. Und dann wusste ich, dass es wirklich nicht darum geht immer perfekt und richtig zu handeln und zu sein. Dass das ja auch wirklich einfach nicht geht. Es geht einfach nicht. Punkt. Aus. Ende. Und das ist auch gut so, denn wir sind ja Eltern und keine Roboter. Und es gehört lauter gesagt, denn wenn wir nur davon reden was wie gut geht, dann denken alle, dass das doch gehen muss dabei geht es bei keinem gut und damit geht es keinem gut.

Vielmehr geht es darin Momente zu schaffen, die gut sind. An die wir uns erinnern. In denen wir abends baden können. Bevor unsere Augen zufallen und bunte Träume uns einfangen.

Und jetzt ist die Strohzeit für diese Woche geschafft. Zumindest morgens funktionieren hier wieder zwei statt nur mein halbes müdes Ich. Immerhin.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. IL

    Danke für die wahren Worte! Viel zu selten ausgesprochen, dass eben nicht immer alles perfekt gehen kann….man ist ja als Mutter auch „nur“ Mensch und kein immerzu geduldiger Roboter;)

  2. Karin

    Hach! Ich schau so gern auf deinen Blog und finde mich so oft wieder in deinen Texten. Ich dank dir sehr dafür, dass du die Realität beschreibst. Und Tschakka! auch wenn die Nerven dünn werden, bist du für deine Kinder die beste Mama die sie sich wünschen können.

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