Damals und Heute

Vor kurzem hat Eltern.de einen kurzen Artikel online gestellt, in dem sie fachlich argumentiert haben, warum man ein Kind in den ersten Monaten nicht verwöhnen kann. Daraufhin gab es große Erleichterung bei vielen Familien. Hurra, ich darf mein Kind nach Bedarf stillen und Tragen und auf jedesWeinen sofort reagieren und mache damit genau alles richtig. Egal was die lieben Großeltern, Verwandten und Tanten der vorigen Generationen sagen.

Damit hat Eltern.de zwar wichtige und richtige Fakten auf den Tisch gelegt. Aber sie haben auch das Feuer zwischen den Generationen neu geschürt. Das ist kein Vorwurf. Das ist eine Feststellung. Denn was nun passiert, ist, dass viele Mütter weiter so handeln, wie es ihr Herz bestimmt. Das ist gut. Aber sobald nun wieder eine Frage, eine Meinung oder ein skeptischer Blick aus der vorigen Generation kommt, werden sie kontern. Und die Kluft weiten.

Genau da möchte ich schlichten. Die vorige Generation hat getan, was sie für richtig hielt. Zu ihrer Zeit, ihrem Wissenstand, ihrem Empfinden nach. Sie waren es gewohnt, dass deren Eltern und Großeltern ihnen Tips und Ratschläge geben, wie man mit Babies und Kindern umzugehen hat. Und haben sich darauf verlassen. Ohne Bücher, Mütterberatungen oder Internet. Und nun wollen sie dieses Wissen endlich ebenso weitergeben. Und tun das oft auf die Art und Weise, wie sie es selbst erlebt haben. Forsch und Streng. Das ist natürlich nicht immer gut und richtig, vor allem bei frischen Müttern, deren Hormone noch Achterbahn fahren. Wie reagiert man nun als Mutter angemessen auf Kommentare wie „Du wirst Dein Kind noch in die Schule tragen.“ oder „Ein Bub braucht eine kräftige Stimme.“ ?
Meine Meinung ist: am besten erst einmal gar nicht. Denn Antworten aus dem Affekt heraus sind oft unüberlegt und können verletzen. Alternativ kann man mit Ich-Sätzen klar vermitteln „Ich glaube aber, dass ihr/ihm das gut tun wird.“ Dann ist das nicht gleich eine „Ihr habt damals alles falsch gemacht“-Watschn. Denn das ist es oft, was wir vermitteln, wenn wir uns sofort verteidigen.

Es gibt natürlich Großeltern, die nach wie vor den Kopf schütteln, und nicht verstehen können, wie man ein Kind so „verhätscheln“ kann. Ich denke, diesen kann man dann einfach mal klar sagen „Ich weiß, Ihr könnt das nicht verstehen, aber ich habe meine Gründe dafür.“ Die Diskussion einfach im Keim ersticken. Denn diese Großeltern sind auch selten an Fakten und neuen Erkenntnissen interessiert. Dann gibt es die, die sich sogar beginnen dafür zu interessieren, warum heute etwas anders empfohlen und gemacht wird, als früher. Das sind die glücklichen Fälle.

Ich habe so ziemlich beides erlebt. Meine Eltern haben sicher vieles anders gemacht damals. Aber da meine Eltern geschieden sind, habe ich von zwei Seiten auch zwei verschiedene Meinungen gehört, wie ich selbst auf diese Welt begleitet wurde. Es verliert sich also vieles auch in der Zeit. Und wer weiß, vielleicht versteckt sich hinter so Sätzen wie „Das Kind muss doch was Gescheites essen!“ auch schnell die eigene Unsicherheit und Befürchtung, etwas „falsch“ gemacht zu haben. Daher plädiere ich für mehr Nachsicht und Respekt. Von beiden Seiten. Denn was ich hier nicht möchte, ist ausschließlich die ältere Generation in Schutz nehmen. Ich habe nur oft das Gefühl, dass sie sehr schnell verteufelt wird. Aus Gründen, ja, aber nicht immer fair.
Und das werde ich auch in meine Arbeit einfließen lassen. Sowohl die Sensibilisierung bei den frischen Eltern als auch bei den Großeltern. Weil ich glaube, so einige Probleme und Ärgernisse, die es einfach nicht braucht, im Vorfeld ausräumen zu können.

Was habt Ihr für Sprüche gehört von Verwandten und Bekannten, die Euch verärgert oder gar verletzt haben ? Wie habt Ihr reagiert ?

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Tibamietz

    Bei meiner Tochter hat es nie so richtig mit dem Stillen geklappt. Ich war zu nervös und "produzierte" entsprechend wenig Milch, sie einfach ständig hungrig und dadurch überreizt. Es hieß, ich soll einfach Flasche geben und es vielleicht nach drei Monaten nochmal mit dem Stillen versuchen. Bei meiner Schwiegermutter hat das geklappt, warum also nicht bei mir auch. Ich hatte schnell eine breite Front gleichgesinnter (inklusive Partner) gegen mich, als ich lieber weiter versuchen wollte, sie zu stillen. Aber so allein auf weiter Flur, mit einem schreienden Kind und dauerangespannten Nerven konnte das nichts werden.Danach war jeder Entwicklungsschritt meiner Tochter nur Anlass dafür, mich darauf hinzuweisen, dass ich selbst als Baby in dem Alter schon viel weiter war. Eher dran mit dem Laufen könne, besser im Umgang mit dem Löffel und früher sauber und windelfrei. Da gabs dann meist die Leier mit den Stoffwindeln gleich hinterher.Trotzdem habe ich an mich heute nicht den Anspruch, alles anders machen zu wollen als meine Eltern. Und das wissen sie auch.LG Tina

  2. NADiNE

    Ja, wenn man natürlich den Partner noch in anderen Booten segeln hat, wird es wirklich schwierig. Und mich hat es anfangs auch genervt – diese Vergleiche mit der eigenen Kindheit. Aber letztendlich sind es halt auch einfach deren Erinnerungen, die dann hochkommen, schätz ich. Wie gesagt – ich war ja in einigen Erzählungen mit einem Jahr sauber. In anderen dann "erst" mit 1,5. Von daher ist alles schwammig.Gruß aus Schnitzelhausen,Nadine

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