114°C und Eine Woche Plüsch

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Wir haben eine Woche Lazarett hinter uns. Am Montag lag Frau Klein als kleines Glühwürmchen auf dem Sofa herum und schlief fiel. Am Dienstag ging es ihr schon etwas besser, doch als wir ihre beiden Brüder abgeholt hatten, hatte ich plötzlich 114°C im Haus – nämlich dreimal 38°C. Ein Hattrick!

Mittwoch übernahm also der Liepste hier die Frühschicht, damit ich meine Spielräume abhalten konnte. Ab Mittwoch Nachmittag betreute ich dann die kranke Bande. So krank waren sie dann nicht mehr, aber angeschlagen und unfit. Und obendrein furchtbar plüschig.

Viele Leute, denen ich sagte alle drei seien krank, schauten mich mitleidig an. Mein erster Gedanke war jedoch: wie entspannend. Wenn ein oder zwei Kinder krank sind und man immernoch ein drittes irgendwo abholen muss, ist das für alle Beteiligten anstrengend. Den ganzen Tag also daheim bleiben zu können, fand ich hingegen recht gemütlich.

Und weil die drei ja kein hohes Fieber oder unbekannte Symptome aufwiesen, war ich auch nicht besorgt. Und so ließ ich die Tage einfach geschehen. Die Kinder ebenfalls.

Sie verreisten viel. Die Koffer von unserem Berlinurlaub standen noch herum und sie fuhren teils mit dem Auto (Sofa), flogen mit dem Flugzeug (Unser Bett) oder fuhren mit dem Nachtzug (Herr Kleins Bett). Immer war Miniklein ihr Kind, hatte einen Rucksack auf dem Rücken und folgte ihren Anweisungen daumenlutschend. Dann suchten sie mittels Spielzeughandy den Weg zum Hotel oder durchliefen die Security Kontrolle am Flughafen. Es war teilweise wirklich zum Quietschen.

Ja klar, dazwischen machte sich ein Lagerkoller bemerkbar. Sie stritten. Vor allem dann, wenn sie hungrig wurden. Also schnell Mittagessen gezaubert oder Obst aufgeschnitten. Und manchmal gingen sie sich geschwistertypisch auf die Nerven. Gehört dazu. Ich musste etwas schmunzeln, denn ich las währenddessen in Pema Chödröns Meditieren – Freundschaft schließen mit sich selbst* worin sie fünf Eigenschaften beschreibt, die wir beim Meditieren pflegen. Die erste ist die Standhaftigkeit. Sie sagt: „Standhaftigkeit bedeutet, dass Sie sich dann, wenn Sie sich zum Meditieren hinsetzen, erlauben, genau das zu erfahren, was in diesem Augenblick geschieht. (…) Wir neigen dazu, jegliches Geschehen zusätzlich mit allen möglichen Benennungen, Meinungen und Urteilen zu versehen. Standhaftigkeit – also Loyalität gegenüber sich selbst – bedeutet, dass wir Abstand davon nehmen, auf diese Weise zu urteilen.“ Während ich das las wurde hier geschrien und geschimpft. Und ich musste lächeln und beschloss, das einfach so hinzunehmen. Es nicht ändern zu wollen und einfach nur zu begleiten. Und irgendwann, als ich im Buch bei der fünften Eigenschaft angekommen war „keine große Sache“ – da herrschte wieder friedliches Spiel und ich lächelte zufrieden in mich hinein. Keine große Sache, sagt ich mir und kochte Tee.

In dieser Woche fiel mir auch immer wieder auf, wie viel sie auch voneinander lernen an solchen Tagen. Wenn sie Post spielen und Briefe schreiben und verschicken, wenn sie Minikleins zweiten Geburtstag feiern und rechnen, wie lange es noch bis zum eigentlichen Geburtstag ist. Wenn sie plötzlich einfach so grübeln und fragen was eine Herde ist und was ein Rudel. Und dann im nächsten Moment die Tiere auspacken und das Wohnzimmer sich in eine Steppe verwandelt. So ungefähr stelle ich mir Freilernen vor, nur natürlich anspruchsvoller und mit mehr Draußenzeit. Aber spannend. Es war jedenfalls eindeutig, dass die Kinder dann lernen, wenn sie bereit dazu sind. Und dass Lernen einfach im Spiel passiert.

Nun sind alle wieder gesund. Und am Montag kann der Alltag wirklich kommen. Denn was ich noch nicht herausgefunden habe ist, wie man mit drei Kindern daheim wirklich zum Arbeiten kommt. Ich habe es aber auch nicht wirklich versucht. Es war zu gemütlich so.

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